Definition
Das Bloom-Syndrom (OMIM #210900) ist eine seltene erbliche Erkrankung, die mit einer erhöhten Chromosomenbrüchigkeit einhergeht. Die Anzahl spontaner Mutationen ist gesteigert und erklärt das erhöhte Krebsrisiko. Markantestes Merkmal ist eine signifikante Wachstumsretardierung.
Eckdaten
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Synonym | BS, BSyn |
Gen | BLM |
Genprodukt | BLM DNA RecQ 3′-5′-Helikase |
Funktion | Teil der RECQ Helikase Enzyme, welche die DNA Doppelhelix entwinden. BLM erhält hierbei die genomische Stabilität im Prozess der DNA Replikation, indem sie den Schwesterchromatidaustausch (SCE) limitiert. |
Erbgang | Autosomal-rezessiv |
Prävalenz | Unbekannt Bei Ashkenazi-Juden 1:48.000; 0,5% Heterozygotie für blmAsh |
Genotyp- Phänotyp- Korrelation |
Homozygote und compound heterozygote Träger einer der 60 pathogenen Varianten des BLM Gens zeigen einen ähnlichen Phänotyp. |
Penetranz | Unbekannt |
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Diagnose
Hinweisende Befunde
Unerklärte schwere intrauterine Wachstumsretardierung, die über das Säuglingsalter und die Kindheit bis in das Jugendalter persistiert.
Signifikanter Wachstumsrückstand und erythematöse Hautveränderungen im Gesicht nach Sonnenlichtexposition (Schmetterlingserythem)
Signifikanter Wachstumsrückstand und Tumordiagnose
Diagnosesicherung
Die Diagnose „Bloom-Syndrom“ wird gesichert durch den molekulargenetischen Nachweis einer biallelen/homozygoten pathogenen Variante im BLM-Gen und/oder bei unklarere Molekulargenetik durch Identifikation einer gesteigerten Frequenz von Geschwisterchromatidaustausch (SCE) in speziellen zytogenetischen Studien.
Einzel-Gen-Testung
Bei Menschen mit ashkenasisch-jüdischen Vorfahren ist zunächst die gezielte Analyse der häufigsten pathogenen Variante c.2207_2212delinsTAGATTC (blmAsh) sinnvoll (97% aller pathogenen Varianten sind blmAsh).Multi-Gen-Panel
Exom/Genom/Mitochondriale Sequenzierung
Differentialdiagnosen
Russell-Silver-Syndrom
Fanconi-Anämie
Ataxia-teleangiectasia
Ataxia-teleangiectasia-like-Syndrom
Werner-Syndrom
Nijmegen-Breakage-Syndrom
Klinische Präsentation
Klinische Präsentation
Prä- und postnatale Wachstumsretardierung
Verminderung von subkutanem Fettgewebe
Kleinwuchs
Sonnenlicht-Hypersenisitivität, faziale Erythemneigung
Immundefizienz
Gastroösophagealer Reflux
Rezidivierende Infektionen, insbesondere der oberen Atemwege
Lernstörungen/Intelligenzminderung (nicht universell)
Prämature Ovarialinsuffizienz bei Frauen
Reduzierte Fertilität/Infertilität in Männern
Harntraktobstruktion bei Männern
Insulin Resistenz (Diabetes mellitus Typ II)
Chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen
Krebsprädisposition (Entitäten):
ALL
AML
Lymphome
Gastrointestinale Tumore (kolorektale Karzinome)
Keimzelltumore
Genitale Tumore
Tumore des Harntraktes
Sarkome
Mamma-Karzinom
Nephroblastome
Medulloblastome
Retinoblastome
Multiple Tumoren entstehen mit gleichem Verteilungsmuster wie in der gesunden Bevölkerung, jedoch zu einem früheren Zeitpunkt.
Besonderheiten bei der Behandlung
Vermeidung von Sonnenlichtexposition des Gesicht
MRT und Ultraschall in der Diagnostik gegenüber Röntgen und CT bevorzugen
Hypersensitivität gegenüber ionisierender Bestrahlung und DNA-schädigenden Zytostatika erfordert gegebenenfalls eine Dosis-Reduktion oder Verkürzung der Therapiedauer.
Empfehlungen zur Früherkennung bei Ihren Patienten
Empfehlungen zur Früherkennung
Evidenzbasierte Standards für eine Früherkennung fehlen, insbesondere in der Kindheit. Nachfolgend finden Sie die AACR-Konsensus-Empfehlungen.
Hämato-Onkologie:
- Anamnese und klinische Untersuchung
- Vermeidung von Strahlenexposition
- Blutbild alle 3-4 Monate
- Ganzkörper-MRT alle 1-2 Jahre beginnend mit 12.-13. LJ
- Brust-MRT und -Sonographie beginnend mit 18. LJ
- Jährliche Koloskopie beginnend mit 10-12. LJ
- Stuhluntersuchung alle 6 Monate
- Nieren-Sonographie ab Diagnose alle 3 Monate bis zum 8. LJ (Screening auf Nephroblastom)
- HPV-Impfung
Dermatologie:
- Jährliche Haut-Untersuchung
- Limitierte Sonnenlichtexposition!
Pulmonologie:
- Pulmonologische Funktionstestungen entsprechend klinischem Bedarf
- Aggressive antibiotische Therapie nach Antibiogramm
Gastroenterologie/Ernährung:
- Basis-Untersuchung
- Bei Bedarf Schlucktests
- Nahrungssupplementation
Endokrinologie:
- Jährlich TSH, T3, T4
- Jährlich Nüchtern-Glukose und Lipidprofil beginnend mit 10. LJ
Orthopädie:
- Jährliche Skoliose-Untersuchung
Zahnarzt:
- Halbjährliche Kontrollen