"Juvenile Polyposis-Syndrom" – was ist das?

Das Juvenile Polyposis-Syndrom (JPS) ist eine Erkrankung, die auf Mutationen, also genetischen Veränderungen im BMPR1A– oder SMAD4-Gen beruht. Sie ist charakterisiert durch das Auftreten von Polypen im Magen-Darm-Trakt sowie ein erhöhtes Risiko für Darm- und Magenkrebs. Daneben sind Mutationen im SMAD4-Gen mit der hereditären hämorrhagischen Teleangiektasie (HHT), eine Erkrankung der Gefäße, assoziiert.

Übersicht der Kapitel auf dieser Seite:

  • Wie hoch ist das Krebsrisiko?

  • Was ist über die Entstehung bekannt?

  • Gibt es eine Therapie?

  • Medizinische Maßnahmen zur Früherkennung

  • Juvenile Polyposis-Syndrom – was Sie selber tun können
  • Links (z.B. von Selbst­hilfe­gruppen) und weitere Informationen
  • Wie hoch ist das Krebsrisiko?

  • Was ist über die Entstehung bekannt?

  • Gibt es eine Therapie?

  • Medizinische Maßnahmen zur Früherkennung

  • Juvenile Polyposis-Syndrom – was Sie selber tun können
  • Links (z.B. von Selbsthilfegruppen) und weitere Informationen

Wie wird die Diagnose "Juvenile Polyposis-Syndrom" gestellt?

Man kann die Diagnose LFS klinisch anhand von klassischen Diagnosekriterien stellen. Außerdem gibt es persönliche und familiäre Konstellationen, in denen es sinnvoll ist, eine genetische Testung auf das Vorliegen eines LFS zu veranlassen. Mit einem solchen Gentest und dem Nachweis einer TP53-Mutation wird die Diagnose eines LFS gesichert.

Klassische Diagnostik

Der Verdacht auf ein Juvenile Polyposis-Syndrom besteht bei folgenden Befunden:

  • Mangel roter Blutkörperchen, Blutung des Enddarms, Heraustreten von Polypen aus dem Enddarm
  • >1 juveniler Polyp („juvenil“ bezieht sich dabei immer auf die Histologie der Polypen)
  • ≥1 juveniler Polyp und JPS in der Familie

Diagnosekriterien

Die Diagnose „Juvenile Polyposis-Syndrom“ gilt als gesichert bei einem der folgenden Befunde:

  • >5 juvenile Polypen des Dick- oder Enddarms
  • Multiple juvenile Polypen des oberen und unteren Magen-Darm-Traktes
  • Jede Anzahl juveniler Polypen und juvenile Polyposis in der Familie
  • Vorliegen einer SMAD4– oder BMPR1A-Mutation

Genetische Diagnostik

Die Diagnose „Juvenile Polyposis-Syndrom“ wird gesichert durch den Nachweis einer Mutation, also einer genetischen Veränderung des SMAD4– oder BMPR1A-Gens.

Wie hoch ist das Krebsrisiko?

Polypen, Magen- und Darmkrebs

Polypen treten sowohl im oberen als auch im unteren Magen-Darm-Trakt auf und zeigen eine große Variabilität hinsichtlich Form und Größe: Es können sowohl flach aufliegende als auch gestielte Polypen auftreten, deren Anzahl sich zwischen einzelnen wenigen bis über 100 Polypen bewegt. Juvenile Polypen (dabei bezieht sich „juvenil“ auf die Histologie, nicht auf das Alter) können sich vom Säuglings- bis zum Erwachsenenalter entwickeln. Die meisten JPS-Patient:innen weisen im Alter von 20 Jahren Polypen auf. Als Komplikation kann es zu Blutungen und daraus resultierendem Mangel roter Blutkörperchen kommen.

Die meisten juvenilen Polypen sind gutartig, jedoch kann eine Umwandlung in bösartige Tumore vorkommen. Im Alter von 35 Jahren sind 17%-22% der JPS-Patient:innen an Darmkrebs (Kolonkarzinom) erkrankt, im Alter von 60 Jahren sind es bereits 68%. Das durchschnittliche Alter bei Diagnosestellung eines Kolonkarzinoms liegt bei 42 Jahren. Die Wahrscheinlichkeit an Magenkrebs zu erkranken beträgt bei JPS-Patient:innen mit Polypen im Magen 21%.

Juveniles Polyposis-Syndrom/Hereditäre hämorrhagische Teleangiektasie (JPS/HHT-Syndrom)

Bei Patient:innen mit einer SMAD4-Mutation kann ein JPS/HHT-Syndrom auftreten, welches sowohl Symptome einer juvenilen Polyposis sowie eines HHT zeigen kann. Die HHT ist eine Gefäßerkrankung und kann sich durch Nasenbluten, Teleangiektasien (Gefäßerweiterungen der Kapillargefäße der Haut), arteriovenöse Malformationen (AVM, Kurzschlussverbindungen zwischen Arterien und Venen) oder Trommelschlegelfinger äußern. Die klinischen Symptome manifestieren sich meist in der frühen Kindheit, wobei AVM der Lunge und Nasenbluten nahezu immer auftreten. Komplikationen eines JPS/HHT-Syndroms können ein Mangel roter Blutkörperchen, Migräne und Kopfschmerzen sein.

Daneben kann es im Rahmen einer SMAD4-Mutation zu Erkrankungen der herznahen Aorta (Hauptschlagader) kommen. Dies können Aussackungen oder eine Aufspaltung der Aortenwand oder auch eine Aufweitung des gesamten Gefäßes sein. Außerdem kann es zu Fehlfunktionen der Mitralklappe (Herzklappe zwischen linkem Hervorhof und linker Herzkammer) kommen.

Juvenile Polyposis-Syndrom – was ist über die Entstehung bekannt?

Das Juvenile Polyposis-Syndrom beruht auf Mutationen, also genetischen Veränderungen des BMPR1A– oder SMAD4-Gens. Diese Gene kodieren für das BMPR1A– bzw. SMAD4-Protein, welche beide als Tumorsuppressoren dafür sorgen, dass die Entstehung von Tumorzellen unterdrückt wird.
Liegt nun das BMPR1A– oder das SMAD4-Gen in einer veränderten Form vor, werden auch die entsprechenden Proteine nicht mehr korrekt hergestellt und somit können diese nicht mehr als Tumorsuppressoren arbeiten. Dadurch kommt es zur Entstehung von Polypen und Tumoren.

Das Juvenile Polyposis-Syndrom kann von den Eltern an ihre Kinder weitergegeben werden. Der Erbgang ist dabei autosomal-dominant. Den verbleibenden Fällen (etwa 67%) liegt eine Spontan- oder Neumutation, man nennt das eine de novo Mutation, zu Grunde.

Gibt es eine Therapie?

Eine Entfernung der Polypen mittels Magen- oder Darmspiegelung (endoskopische Polypektomie) sollte möglichst frühzeitig durchgeführt werden und kann das Risiko für bösartige Entartung, Blutungen oder Darmverschlüsse verringern. Bei einer großen Anzahl von Polypen oder starken Symptomen kann eine teilweise oder vollständige Entfernung des Dickdarms bzw. Magens (totale oder subtotale Kolektomie bzw. Gastrektomie) sinnvoll sein.

Ein JPS/HHT-Syndrom sollte wie die Form der hereditären hämorrhagischen Teleangiektasie behandelt werden, die nicht auf einer SMAD4-Mutation beruht.

Diagnose Juvenile Polyposis-Syndrom. Wie geht es weiter?

Nach der Diagnose wenden Sie sich bitte unbedingt an eine:n Spezialist:in für dieses Krebsprädispositionssyndrom. Im folgenden Abschnitt schildern wir Ihnen, ob Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung oder andere Maßnahmen erforderlich sind und wie diese erfolgen sollten. Zudem geben wir Ihnen ein paar Tipps, was Sie selber tun können. Bei Fragen wenden Sie sich bitte jederzeit an uns oder Ihren behandelnden Arzt oder Ihre behandelnde Ärztin.

Diagnose Juvenile Polyposis-Syndrom. Wie geht es weiter?

Nach der Diagnose wenden Sie sich bitte unbedingt an eine:n Spezialist:in für dieses Krebsprädispositionssyndrom. Im folgenden Abschnitt schildern wir Ihnen, ob Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung oder andere Maßnahmen erforderlich sind und wie diese erfolgen sollten. Zudem geben wir Ihnen ein paar Tipps, was Sie selber tun können. Bei Fragen wenden Sie sich bitte jederzeit an uns oder Ihren behandelnden Arzt oder Ihre behandelnde Ärztin.

Medizinische Maßnahmen zur Früherkennung

Das Ziel ist das frühzeitige Erkennen sich entwickelnder Komplikationen, um möglichst optimale Behandlungsergebnisse zu erlangen. Dafür sind regelmäßige ärztliche Vorstellungen analog dem nachfolgenden Schema empfohlen (Untersuchungsempfehlungen der AACR 2016):

Patient:innen mit SMAD4– oder BMPR1A-Mutation oder klinisch diagnostiziertem JPS:

  • Jährliche Untersuchung und großes Blutbild v.a. im Hinblick auf Darmblutungen, Mangel roter Blutkörperchen, Bauchschmerzen, Verstopfung, Durchfall oder Stuhlveränderungen in Form, Größe oder Farbe
  • Darm- und Magenspiegelung sollten ab 15 Jahren oder bei ersten Symptomen durchgeführt werden
    • Bei negativem Befund: Wiederholung in 3 Jahren
    • Bei nur wenigen Polypen: Entfernung der Polypen (Polypen ≥5mm). Das Screening sollte jährlich fortgesetzt werden, bis keine zusätzlichen Polypen gefunden werden, dann kann es auf alle 3 Jahre ausgeweitet werden.
    • Bei vielen Polypen: Ggf. teilweise oder vollständige Entfernung des Dickdarms bzw. des Magens. Das Screening sollte jährlich fortgesetzt werden, bis keine zusätzlichen Polypen gefunden werden, dann kann es auf alle 3 Jahre ausgeweitet werden.

Zusätzlich bei Patient:innen mit SMAD4-Mutation

  • Jährlich Untersuchung v.a. im Hinblick auf Nasenbluten, andere Blutungen, Kurzatmigkeit, Kopfschmerzen oder neurologische Symptome
  • Regelmäßig Blutuntersuchungen (Hämatokrit, Hämoglobin und Ferritin) und ggf. Therapie einer Eisenmangelanämie
  • MRT des Kopfes mit Darstellung der Gefäße in den ersten Lebensmonaten. Wiederholung nach der Pubertät.
  • Sauerstoffmessung per Fingerclip ab dem frühen Kindesalter alle 1-2 Jahre, bei Auffälligkeiten CT der Lunge oder transthorakale Echokardiographie (Herzultraschall)
  • Regelmäßiges Screening bzgl. Arteriovenöser Malformationen der Lunge nach der Pubertät, vor einer geplanten Schwangerschaft, nach einer Schwangerschaft und alle 5 Jahre mit
    • Kontrastechokardiographie (spezieller Herzultraschall)
    • CT der Lunge mit Kontrastmittel bei Auffälligkeiten in der zuvor durchgeführten Kontrastechokardiographie

Juvenile Polyposis-Syndrom – was Sie selber tun können

Darauf sollten Sie achten

Menschen mit dieser Darmkrebsneigung sollten in einem Zentrum versorgt werden, welches eine Früherkennung anbietet.

Sie sollten unabhängig von den Früherkennungs-Untersuchungen eine:n Ärzt:in aufsuchen, sobald Beschwerden des Magen-Darm-Traktes auftreten. Diese können Blut- oder Schleimabgänge aus dem Darm, Stuhlauffälligkeiten wie Durchfall oder Verstopfungen, Blähungen oder Schmerzen sein. Aber auch unspezifische Zeichen wie Gewichtsverlust sollten wahrgenommen und einem Arzt oder einer Ärztin berichtet werden, damit untersucht werden kann, ob ein Magen- oder Dickdarmkarzinom vorliegt.

Auch bei weiteren neu auftretenden Auffälligkeiten oder Beschwerden, z.B. Nasenbluten, Kurzatmigkeit, Kopfschmerzen oder neurologischen Symptomen sollten Sie dringend eine:n Ärzt:in aufsuchen.

Weitere Informationen

Leider gibt es bislang keine uns bekannten Selbsthilfegruppen für Patient:innen mit Juvenilem Polyposis-Syndrom. Sobald uns neue Informationen zur Verfügung stehen, werden wir diese hier ergänzen. Patient:innen können sich jedoch jederzeit für das KPS-Register anmelden oder dies durch die betreuenden Ärztinnen und Ärzte vornehmen lassen.

Weitere Fragen?

Wir sind für Sie per E-Mail und telefonisch erreichbar. Zudem können Sie persönlich in unsere Sprechstunden kommen. Weitere Informationen entnehmen Sie am besten unserer Kontaktseite.