Was ist das Kardiofaziokutane Syndrom?

Das Kardiofaziokutane Syndrom (CFC-Syndrom) gehört zum Formenkreis der RASopathien, welche auf genetischen Veränderungen im sogenannten RAS/MAPK-Signalweg beruhen. Dieser Signalweg sorgt für die Informationsweiterleitung innerhalb der Zelle. Beim CFC-Syndrom sind genetischen Mutationen in vier verschiedenen Genen bekannt: BRAF (CFC1), KRAS (CFC2), MAP2K1 (CFC3) und MAP2K2 (CFC4). Klinisch ist es gekennzeichnet durch verschiedene Herzfehler, eine charakteristische Gestalt des Gesichts, Auffälligkeiten der Haut, Veränderungen an Muskeln und Skelett, neurologische Anomalien sowie eine Entwicklungsverzögerung.

Wie wird die Diagnose Kardiofaziokutanes Syndrom gestellt?

Bisher liegen keine Diagnosekriterien für das CFC-Syndrom vor, so dass in der Regel eine Verdachtsdiagnose aufgrund auffälliger klinischer Befunde gestellt und durch eine genetische Diagnostik bestätigt wird.

Verdachtsdiagnose

Der Verdacht auf ein CFC-Syndrom besteht bei dem Vorliegen folgender Befunde:

Herz:

  • Pulmonalstenose (Einengung der Ausflussbahn von der rechten Herzkammer zur Lungenschlagader)

  • Vorhofseptumdefekt (Loch in der Herzscheidewand zwischen den beiden Vorhöfen des Herzens)

  • Ventrikelseptumdefekt (Loch in der Herzscheidewand zwischen den beiden Herzkammern)

  • Hypertrophe Kardiomyopathie (Verdickung der Herzmuskulatur, meist der linken Kammer)

  • Herzklappenfehler

  • Rhythmusstörungen

Kopf und Gesicht:

  • Großer Kopf

  • Hohe und breite Stirn und beidseitige Eindellungen im Bereich der Schläfen

  • Unterentwickelte Überaugenwulst

  • Spärliche oder fehlende Augenbrauen

  • Weiter Augenabstand und abfallende Lidspalten

  • Anomalien der Augen: Schielen, Augenzucken, Kurz- oder Weitsichtigkeit, hängendes Lid, Hornhautverkrümmung)

  • Kurze Nase mit eingesunkener Nasenwurzel und nach oben gerichteten Nasenlöchern

  • Prominentes und breites Philtrum (Rinne zwischen Nase und Oberlippe), spitzbogiger Gaumen

  • Tiefsitzende, nach hinten rotierte Ohren

Haut, Haare, Nägel:

  • Haut: Trockene Haut, übermäßige Verhornung der Haut an Hand- und Fußflächen sowie an Armen, Beinen und Gesicht, verdickte Haarfollikel, Ekzeme, Blutschwämmchen, Café-au-lait-Flecken, Rötungen, Pigmentflecken

  • Haare: Spärliche, krause, dünne oder dicke, wollige oder brüchige Haare; spärliche oder fehlende Augenbrauen und Wimpern

  • Nägel: Unterentwickelte, flache, breite Nägel; schnelles Nagelwachstum

Weitere Auffälligkeiten:

  • Muskeln/Skelett: Kurzer Hals, Flügelfell am Hals, deformierter Brustkorb, Verformungen der Wirbelsäule, Plattfüße

  • Neurologie: V.a. milde bis schwere Entwicklungsverzögerung und muskuläre Schwäche

  • Magen-Darm-Trakt: Gedeihstörung, gastroösophagealer Reflux (Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre), Erbrechen und Verstopfung

  • Kleinwuchs

Genetische Diagnostik

Die Diagnose „CFC-Syndrom“ gilt als gesichert bei einer nachgewiesenen Mutation, also genetischen Veränderung im BRAF-, KRAS-, MAP2K1– oder MAP2K2-Gen.

Wie hoch ist das Krebsrisiko?

Krebserkrankungen können im Rahmen eines CFC-Syndroms auftreten, allerdings ist dies nur selten der Fall. Genaue Zahlen zur Krebshäufigkeit existieren aktuell nicht. Bisher wurden Leukämien, Lymphome, Hepatoblastom (Lebertumor) und Rhabdomyosarkom (Weichteiltumor) beschrieben.

Klinisch stehen daneben folgende Manifestationen in den verschiedenen Altersgruppen im Vordergrund:

Schwangerschaft und Neugeborenenzeit

In der Schwangerschaft besteht in den meisten Fällen eine überdurchschnittlich große Menge Fruchtwasser. Bei Neugeborenen fällt bereits die charakteristische Gestalt des Gesichts auf (siehe „Diagnose“) auf, ebenso treten Fehlbildungen des Herzens in der Regel schon bei Geburt in Erscheinung. Auch Fütterungsschwierigkeiten können ein Problem in der Neugeborenenzeit darstellen.

Säuglingsalter

Im Säuglingsalter können weiterhin große Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme bestehen, die möglicherweise eine Nahrungszufuhr über eine Sonde erforderlich machen. Daneben können ein gastroösophagealer Reflux (Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre) sowie Verstopfungen bestehen. Insgesamt kann daraus eine Gedeihstörung resultieren.

Bei allen Kindern mit CFC-Syndrom tritt eine neurologische Auffälligkeit in Form einer psychomotorischen Entwicklungsverzögerung mit muskulärer Schwäche und verspäteter Sprachentwicklung oder Lernschwäche auf. Dabei kann die Intensität von einer milden bis zu einer hochgradig schweren Ausprägung reichen, einige Patienten weisen einen normalen IQ auf.

Kindes- und Jugendalter

Folgende Manifestationen können in diesem Alter auftreten:

  • Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme

  • Kleinwuchs: Bei fast allen Kindern und Jugendlichen mit CFC-Syndrom

  • Psychomotorische Entwicklungsverzögerung verschiedener Ausprägungsgrade von mild bis sehr schwer, betrifft vor allem Motorik und Sprache

  • Krampfanfälle: Etwa 50% der CFC-Patienten leiden unter Krampfanfällen, die meist im Säuglingsalter oder in der frühen Kindheit erstmalig auftreten, sich jedoch auch erst in der späteren Kindheit entwickeln können.

  • HNO: Häufige Mittelohrentzündungen und verengter äußerer Gehörgang

  • Auge: Schielen, Augenzucken, unterentwickelter Sehnerv, Hornhautverkrümmung, Kurz- oder Weitsichtigkeit

  • Herz: Bei 75-80% der CFC-Patienten treten Manifestationen am Herz auf wie eine Verdickung des Herzmuskels, strukturelle Anomalien und seltener Rhythmusstörungen.

  • Niere/Urogenitaltrakt: Bei bis zu 33% der CFC-Patienten als „Bauchhoden“ (Hoden liegt im Bauchraum) bei männlichen Patienten sowie Nierenzysten und -steinen, Wassersackniere und erweiterter Harnleiter durch Harnstau

  • Blut: Von-Willebrand-Syndrom (Gerinnungsstörung) ist beschrieben

  • Haut: Trockene Haut und verdickte Haarwurzeln verbessern sich mit zunehmendem Alter, so dass zunehmend ein Haarwachstum möglich ist. Übermäßige Verhornung an Hand- und Fußflächen und Lymphödeme nehmen mit dem Alter zu. Pigmentflecken werden im Verlauf zahlreicher. Daneben besteht eine Neigung zu schweren Hautinfektionen.

  • Muskulatur/Skelett: Bei der Mehrheit der CFC-Patienten findet sich eine muskuläre Beteiligung in Form einer Muskelschwäche mit reduzierter Muskelmasse und überelastischen Gelenken. Skelettale Veränderungen können Brustkorbdeformitäten, Wirbelsäulenverformungen sein oder sich in einem eingeschränkten Gang äußern.

  • Erscheinungsbild: Die charakteristische Gestalt des Gesichts (siehe „Diagnose“) wird mit zunehmendem Alter weniger auffällig.

Das CFC-Syndrom tritt beim männlichen und weiblichen Geschlecht gleichverteilt auf.

Wodurch entsteht das Kardiofaziokutane Syndrom?

Das CFC-Syndrom beruht auf Mutationen, also genetischen Veränderungen des BRAF-, KRAS-, MAP2K1– oder MAP2K2 -Gens. Diese Gene kodieren für Proteine des sogenannten RAS/MAPK-Signalwegs, der Informationen in unseren Zellen vermittelt.

Liegt nun eines der Gene in einer veränderten Form vor, wird auch das entsprechende Protein nicht korrekt hergestellt und kann seine eigentliche Funktion nicht mehr erfüllen. Es kommt daraufhin zu einer fehlerhaften Informationsvermittlung innerhalb der Zelle, was zu angeborenen Anomalien und Entwicklungsverzögerung führen kann.

Weltweit gibt es wahrscheinlich einige hundert Betroffene mit CFC-Syndrom, die allgemeine Krankheitshäufigkeit ist jedoch nicht bekannt. Es kann von den Eltern an ihre Kinder weitergegeben werden, wobei der Erbgang autosomal-dominant ist. Oft treten auch Spontan- oder Neumutationen auf, man nennt das de novo Mutation.

Gibt es eine Therapie?

Im Hinblick auf die Vielzahl möglicher Manifestationen sollte die Therapie stets symptomorientiert und in Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen erfolgen.

Gibt es Maßnahmen zur Früherkennung von Krebserkrankungen?

Maßnahmen zur Früherkennung

Es sollten regelmäßig klinische Untersuchungen durchgeführt werden, die Auffälligkeiten des Magen-Darm-Traktes, Wachstum, kognitive Entwicklung und Veränderungen an Muskeln und Skelett erfassen.

Daneben sollten regelmäßig kardiologische, neurologische, HNO- und augenärztliche sowie hautärztliche Untersuchungen durchgeführt werden.

Das Bewusstsein für ein möglicherweise erhöhtes Risiko für Leukämien, Lymphome, Leber- und Weichteiltumore sollte bei den Patienten geschaffen werden. Eine gezielte Krebsfrüherkennung wird nicht empfohlen.

Selbstfürsorge und Selbsthilfe

Worauf sollte ich besonders achten?

Patienten mit CFC-Syndrom berichten über eine Wärme-Intoleranz, weshalb starke Wärmeexposition vermieden werden sollte.

Sie sollten einen Arzt aufsuchen, sobald Krampfanfälle, Auffälligkeiten der Haut, Seh- oder Hörschwierigkeiten sowie Veränderungen oder Schmerzen an Muskeln oder Knochen auftreten. Aber auch unspezifische Symptome wie Bauch-, Flanken- oder Knochenschmerzen, Müdigkeit oder Schwächegefühl sollten wahrgenommen und einem Arzt berichtet werden. Auch bei weiteren neu auftretenden Auffälligkeiten oder Beschwerden sollten Sie einen Arzt aufsuchen.

Selbsthilfegruppen und weitere Informationen