Was ist das Rhabdoid-Tumor-Prädispositionssyndrom?

Das Rhabdoid-Tumor-Prädispositionssysndrom (RTPS) ist eine seltene genetische, also erbliche Erkrankung, die bereits bei Kleinkindern zu hoch-aggressiven Hirntumoren (sog. atypische teratoide/rhabdoide Tumore) sowie zu bösartigen Tumoren anderer Gewebe, meist der Niere, (sog. maligne rhabdoide Tumore) führen kann. Daneben kann es im Rahmen des RTPS auch zum Auftreten anderer Tumore oder Erkrankungen kommen.

Wie wird die Diagnose Rhabdoid-Tumor-Prädispositionssyndrom gestellt?

Das RTPS ist eine genetische Erkrankung, d.h. es basiert auf Mutationen, also Veränderungen des Erbgutes, in bestimmten Genen. In diesem Fall handelt es sich um die Gene SMARCB1 und SMARCA4. Erkrankt ein Kind an einem atypischen teratoiden/rhabdoiden Tumor (ein sehr aggressiver Hirntumor) oder an einem malignen rhabdoiden Tumor (ein bösartiger Tumor anderer Gewebe), sollte untersucht werden, ob eine Veränderung in einem der beiden Gene vorhanden ist. Durch den Nachweis einer solchen Mutation könnte die Diagnose RTPS gesichert werden.

Da es sich um eine erbliche Erkrankung handelt, sollten blutsverwandte Familienmitglieder einer Person mit nachgewiesener Veränderung in den Genen SMARCB1 oder SMARCA4 ebenfalls genetisch getestet werden.

Wie hoch ist das Krebsrisiko?

Die beiden häufigsten klinischen Merkmale des RTPS sind rhabdoide Tumore. Diese bösartigen Tumore können im Gehirn auftreten und heißen dann „atypische teratoide/rhabdoide Tumore“ (AT/RT), sie können sich aber auch in anderen Geweben ausbilden und werden dann „maligne rhabdoide Tumore“ (MRT) genannt. Am häufigsten finden sich diese MRT in den Nieren. Die meisten AT/RT und MRT treten bis zum dritten Lebensjahr auf, allerdings ist auch ein späteres Auftreten möglich. Mutationen beider Gene (SMARCB1 oder SMARCA4) können zur Entstehung von AT/RT und MRT führen.

Bei weiblichen Patientinnen, die Trägerinnen einer Mutation von SMARCA4 sind, kann es daneben im Jugendlichen- oder Erwachsenenalter zum Auftreten von Eierstockkrebs (kleinzelliges Ovarialkarzinom vom hyperkalzämischen Typ) kommen.

Des Weiteren kann es im Rahmen eines RTPS zur Entstehung weiterer Erkrankungen kommen, die im Folgenden aufgelistet sind:

  • Schwannomatose bei Mutation in SMARCB1

  • Plexuskarzinom (bösartiger Hirntumor) bei Mutation in SMARCB1

  • Medulloblastom (bösartiger Tumor des Kleinhirns) bei Mutation in SMARCB1

  • Multiple Meningiome (meist gutartige Tumore) bei Mutation in SMARCB1

  • Nicolaides-Baraitser-Syndrom bei Mutation in SMARCB1

  • Coffin-Siris-Syndrom bei Mutation in SMARCB1, SMARCA4

  • Maligner peripherer Nervenscheidentumor bei Mutation in SMARCB1

Nicht selten entwickeln die Betroffenen mehrere der o.g. Tumore parallel.

Genaue Zahlen zur Krankheitshäufigkeit sind bisher nicht bekannt. Auch ist bisher nicht geklärt, wie häufig eine genetische Veränderung zum Auftreten von Tumoren oder anderen Erkrankungen führt. Es konnte jedoch beobachtet werden, dass das Risiko für die Entwicklung von atypischen teratoiden/rhabdoiden Tumoren bei dem Vorliegen einer Mutation im SMARCA4-Gen deutlich geringer ist, als bei dem Vorliegen einer Mutation im SMARCB1-Gen.

Wodurch entsteht das Rhabdoid-Tumor-Prädispositionssyndrom?

Das Rhabdoid-Tumor-Prädispositionssyndrom ist eine genetische, also erbliche Erkrankung, die auf Veränderungen in einem der zwei Gene SMARCB1 oder SMARCA4 beruht. Durch diese Mutationen kommt es dazu, dass die DNA, die unsere Erbinformation trägt, in den Körperzellen nicht mehr korrekt „übersetzt“ und repariert werden kann. Als Folge davon kommt es zur Entstehung von Fehlbildungen, Tumoren und anderen Erkrankungen.

Etwa 35% der Patienten mit Rhabdoid-Tumoren haben die zugrundeliegende genetische Veränderung in einem der o.g. Gene von ihren Eltern geerbt; der Erbgang ist dabei autosomal-dominant. Deshalb ist es ratsam, alle blutsverwandten Familienmitglieder eines Betroffenen hinsichtlich dieser genetischen Veränderungen zu untersuchen.

Gibt es eine Therapie?

Die Therapie richtet sich nach der jeweils vorliegenden Erkrankung und nach den bestehenden Symptomen.

Je nach Erkrankung besteht sie aus einer operativen Therapie, die ggf. mit einer Chemotherapie und/oder einer Bestrahlungstherapie kombiniert wird.

Fünf Jahre nach der Diagnosestellung RT/AT oder MRT leben noch etwa 10-30% der Patienten. Bei Patienten mit Eierstockkrebs (kleinzelliges Ovarialkarzinom vom hyperkalzämischen Typ) liegt die Zahl bei etwa 33%.

Bitte Fragen Sie Ihren behandelnden Arzt, ob es offene klinische Studien gibt, die für Sie in Betracht kommen.

Gibt es Maßnahmen zur Früherkennung von Krebserkrankungen?

Maßnahmen zur Früherkennung

Auch bei den Maßnahmen zur Früherkennung richtet sich das Vorgehen nach der Genmutation, d.h. es ist zu unterscheiden, ob die genetische Veränderung in SMARCB1 oder SMARCA4 vorliegt. Standardisierte Empfehlungen gibt es bisher nicht, jedoch schlägt die American Association for Cancer Research folgendes Vorgehen vor:

Träger einer SMARCB1-Mutation

  • MRT des Kopfes alle 3 Monate vom frühen Säuglingsalter bis 5 Jahre

  • Ultraschall von Bauch und Nieren alle 3 Monate vom frühen Säuglingsalter bis 5 Jahre

Träger einer SMARCA4-Mutation

  • Ultraschall vom Bauch alle 6 Monate bei jüngeren Frauen

  • Prophylaktische Entfernung der Eierstöcke bei älteren Frauen

Selbstfürsorge und Selbsthilfe

Worauf sollte ich besonders achten?

Neurologische Auffälligkeiten können Symptome eines AT/RT sein. Bei Säuglingen und Kleinkindern sind dies meist Schläfrigkeit und Erbrechen. Ältere Kinder können daneben weitere Symptome wie Kopfschmerzen, eine Halbseitenlähmung oder Schiefhaltung des Kopfes, Doppelbilder oder Gesichtslähmungen haben. Falls Sie eines oder mehrere dieser Zeichen bei Ihrem Kind beobachten, sollten Sie dringend einen Arzt aufsuchen.

Selbsthilfegruppen und weitere Informationen

Leider gibt es bislang keine uns bekannten Selbsthilfegruppen für Patienten mit Rhabdoid-Tumor-Prädispositionssyndrom (RTPS). Sobald uns neue Informationen zur Verfügung stehen, werden wir diese hier ergänzen.