Was ist das Weaver-Syndrom?

Das Weaver-Syndrom ist eine Erkrankung, die auf Mutationen, also genetischen Veränderungen im EZH2-Gen beruht. Es ist gekennzeichnet durch Großwuchs, eine charakteristische Gestalt des Gesichts und eine variable intellektuelle Beeinträchtigung.

Wie wird die Diagnose Weaver-Syndrom gestellt?

Verdachtsdiagnose

Der Verdacht auf ein Weaver-Syndrom besteht bei dem Vorliegen folgender Befunde:

Klinisch:

  • Großwuchs (≥97. Perzentile)

  • Großer Kopfumfang (≥97. Perzentile)

  • Intellektuelle Beeinträchtigung

  • Charakteristische Gestalt des Gesichts

    • Rückverlagerung des Kiefers (v.a. bei Kindern <3 Jahre)
    • Große tiefsitzende Ohren (v.a. bei Kindern <3 Jahre)
    • Horizontale Kinnfalte z.T. mit zentralem Grübchen (v.a. bei Kindern <3 Jahre)
    • Rundes Gesicht (v.a. bei Kindern)
    • Breite Stirn
    • Weiter Augenabstand
    • Mandelförmige Augen
  • Mangelnde Koordination

  • Weiche und teigige Haut

  • Unbewegliche, gebeugte Finger und/oder Zehen

  • Nabelbruch

  • Veränderungen der Muskelspannung (herabgesetzte Muskelspannung am Rumpf und/oder gesteigerte Muskelspannung an Armen und Beinen)

  • Raues, tiefes Schreien bei Säuglingen

Radiologisch:

  • Fortgeschrittenes Knochenalter

  • Veränderungen in MRT des Kopfes

Genetische Diagnostik

Die Diagnose „Weaver-Syndrom“ gilt als gesichert bei einer nachgewiesenen Mutation, also genetischen Veränderung im EZH2-Gen.

Wie hoch ist das Krebsrisiko?

Bisher wurden Tumore im Rahmen eines Weaver-Syndroms nur in Einzelfällen beschrieben: Ein Patient mit Lymphom, ein Patient mit Neuroblastom (Tumor der Nervenzellen des unwillkürlichen Nervensystems) und akuter lymphatischer Leukämie (ALL) sowie ein weiterer Patient mit Neuroblastom. Das Risiko für Neuroblastome ist möglicherweise erhöht.

Darüber hinaus können im Rahmen eines Weaver-Syndroms folgende Manifestationen auftreten:

  • Großwuchs ≥97. Perzentile: Bei fast allen Patienten

  • Großer Kopfumfang ≥97. Perzentile: Bei etwa 50% der Patienten

  • Intellektuelle Beeinträchtigung: Meist liegt eine milde bis moderate Entwicklungsverzögerung vor, die sich im sprachlichen Bereich und als Lernschwäche äußern kann. Insgesamt besteht eine große Variabilität von normaler intellektueller Entwicklung bis zur schweren mentalen Retardierung.

  • Charakteristische Gestalt des Gesichts (s. Verdachtsdiagnose)

  • Manifestationen der Knochen: Fortgeschrittenes Knochenalter, Verkrümmung der Wirbelsäule, unbewegliche, gebeugte Finger und/oder Zehen, Knopfloch-Deformität der Finger, Klumpfuß

  • Bindegewebsmanifestationen: Weiche und talgige Haut, überbewegliche Gelenke, Plattfüße, Nabelbruch

  • Veränderung der Muskelspannung: Zentral herabgesetzte Muskelspannung und/oder peripher gesteigerte Muskelspannung

  • Fütterungsschwierigkeiten bei Neugeborenen

  • Raues, tiefes Schreien bei Säuglingen

  • Auffälligkeiten in MRT des Kopfes

Wodurch entsteht das Weaver-Syndrom?

Das Weaver-Syndrom beruht auf Mutationen, also genetischen Veränderungen des EZH2-Gens. Dieses Gen kodiert für das EZH2-Protein, welches notwendig ist für das Ablesen und Vervielfältigen der DNA, also des Erbgutes, in unserem Körper.

Liegt nun das EZH2-Gen in einer veränderten Form vor, wird auch das EZH2-Protein nicht korrekt hergestellt und kann seine eigentliche Funktion nicht mehr erfüllen. Dies kann zu einer fehlerhaften Entwicklung verschiedener Strukturen in unserem Körper führen.

Das Weaver-Syndrom kann von den Eltern an ihre Kinder weitergegeben werden. Der Erbgang ist dabei autosomal-dominant. Es ist jedoch auch möglich, dass es zu einer Spontan- oder Neumutation, man nennt das de novo Mutation, kommt.

Gibt es eine Therapie?

Im Hinblick auf die Vielzahl möglicher Manifestationen sollte die Therapie stets symptomorientiert und in Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen erfolgen.

Bei Patienten mit Entwicklungsverzögerung und/oder Lernbehinderung kann eine Lern-, Verhaltens- und/oder Sprachtherapie erfolgen.

Auch eine langfristige physiotherapeutische Therapie kann Operationen herauszögern und Schmerzen reduzieren.

Gibt es Maßnahmen zur Früherkennung von Krebserkrankungen?

Maßnahmen zur Früherkennung

Bisher bestehen keine einheitlichen Früherkennungsempfehlungen. Patienten mit einem Weaver-Syndrom sollten regelmäßig (z.B. 1x pro Jahr) ärztlich v.a. im Hinblick auf die kognitive und sprachliche Entwicklung, Veränderungen an Fingern oder Füßen und eine herabgesetzte Muskelspannung untersucht werden. Zeigen sich klinisch keine Komplikationen, kann das Untersuchungsintervall ab dem Jugendalter gestreckt werden.

Falls eine Verkrümmung der Wirbelsäule (Skoliose) besteht, sollte eine Vorsorge entsprechend der orthopädischen Empfehlungen durchgeführt werden.

Bei weiteren Auffälligkeiten sollten ggf. weitere Untersuchungen und die Überweisung an Spezialisten erfolgen.

Das Bewusstsein für ein möglicherweise erhöhtes Risiko für Neuroblastome sollte bei den Patienten geschaffen werden. Eine gezielte Krebs-Früherkennung wird nicht empfohlen.

Selbstfürsorge und Selbsthilfe

Worauf sollte ich besonders achten?

Sie sollten einen Arzt aufsuchen, sobald Veränderungen an der Wirbelsäule oder den Gelenken auftreten. Daneben sollten Bewegungseinschränkungen der Finger oder Zehen sowie eine schwächer werdende Muskulatur wahrgenommen und einem Arzt berichtet werden. Auch bei weiteren neu auftretenden Auffälligkeiten oder Beschwerden sollten Sie einen Arzt aufsuchen.

Selbsthilfegruppen und weitere Informationen

Leider gibt es bislang keine uns bekannten Selbsthilfegruppen für Patienten mit dem Weaver-Syndrom. Sobald uns neue Informationen zur Verfügung stehen, werden wir diese hier ergänzen.