Was ist die Tyrosinämie Typ I?
Die Tyrosinämie Typ I ist eine Stoffwechselerkrankung, die auf Mutationen, also genetischen Veränderungen im FAH-Gen beruht. Unbehandelt führt sie meist innerhalb des ersten Lebensjahres zu akutem Leberversagen, einer eingeschränkten Funktion der Niere mit Wachstumsstörungen und Rachitis (eine Erkrankung des wachsenden Knochens, die durch Vitamin-D-Mangel verursacht wird) sowie neurologischen Krisen. Ohne adäquate Behandlung verläuft die Erkrankung innerhalb der ersten zehn Lebensjahre tödlich. Durch die Therapie mit Nitisinon und der Einhaltung einer Tyrosin-armen Diät liegt die Überlebensrate jedoch bei über 90%.
Wie wird die Diagnose Tyrosinämie Typ I gestellt?
Verdachtsdiagnose
Der Verdacht auf eine Tyrosinämie Typ I besteht bei dem Vorliegen folgender Befunde:
Laborchemische Diagnostik
Genetische Diagnostik
Die Diagnose „Tyrosinämie Typ I“ gilt als gesichert bei einer nachgewiesenen Mutation, also genetischen Veränderung im FAH-Gen.
Wie hoch ist das Krebsrisiko?
Grundsätzlich muss man unterscheiden zwischen Patienten, die frühzeitig und adäquat behandelt wurden, und Patienten, die keine Therapie erhalten haben.
Kinder mit einer unbehandelten Tyrosinämie Typ I haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Leberkrebs (hepatozelluläres Karzinom). Bei adäquat behandelten Kindern (d.h. Kinder, bei denen vor dem 2. Lebensjahr mit einer Nitisinon-Therapie begonnen wurde) liegt das Risiko für ein hepatozelluläres Karzinom bei < 5% bis zum Alter von 10 Jahren.
Neben dem erhöhten Krebsrisiko können sich im Rahmen einer Tyrosinämie Typ I weitere klinische Manifestationen zeigen. Auch hier sollte zwischen behandelter und unbehandelter Erkrankung unterschieden werden.
Unbehandelte Tyrosinämie Typ I
Kinder mit einer Tyrosinämie Typ I, die nicht im Neugeborenenscreening detektiert wurden, fallen in der Regel im frühen Säuglingsalter durch eine schwere Leberbeteiligung oder später im ersten Lebensjahr durch eine Leberfunktionsstörung, Nierenbeteiligung, Wachstumsstörung und Rachitis auf. Unbehandelt führt die Tyrosinämie Typ I innerhalb der ersten zehn Lebensjahre zum Tod.
Behandelte Tyrosinämie Typ I
Die Kombination aus Nitisinon-Therapie und Tyrosin-reduzierter Diät führt zu einer Überlebensrate von >90%, normalem Wachstum, einer verbesserten Leberfunktion, Prävention einer Leberzirrhose, verbesserten Nierenfunktion und Verhinderung einer Rachitis.
Wodurch entsteht die Tyrosinämie Typ I?
Die Tyrosinämie Typ I beruht auf Mutationen, also genetischen Veränderungen des FAH-Gens. Dieses Gen kodiert für das FAH-Protein, welches notwendig ist für den letzten Schritt des Abbaus der Aminosäure Tyrosin.
Liegt nun das FAH-Gen in einer veränderten Form vor, wird auch das FAH-Protein nicht korrekt hergestellt und kann seine eigentliche Funktion nicht mehr erfüllen. Es kommt daraufhin zu einem fehlerhaften Abbau von Tyrosin, wodurch sich verschiedene Stoffwechselprodukte ansammeln. Dies führt zur Schädigung von Leber, Nieren und Nerven.
Die Tyrosinämie Typ I kommt bei etwa einem von 100.000-120.000 Menschen vor. In Skandinavien, Finnland sowie Québec (Kanada) tritt sie deutlich häufiger auf. Sie kann von den Eltern an ihre Kinder weitergegeben werden, wobei der Erbgang autosomal-rezessiv ist.
Gibt es eine Therapie?
Eine Nitisinon-Therapie sollte unmittelbar nach Diagnosestellung begonnen werden. Daneben ist die Einhaltung einer Tyrosin-armen Diät ebenfalls ab Diagnosestellung erforderlich.
Bei fehlendem Therapieansprechen auf Nitisinon oder bösartigen Veränderungen der Leber kann eine Lebertransplantation in Erwägung gezogen werden.
Gibt es Maßnahmen zur Früherkennung von Krebserkrankungen?
Maßnahmen zur Früherkennung
Aufgrund des erhöhten Risikos für ein hepatozelluläres Karzinom sollten folgende Früherkennungsuntersuchungen durchgeführt werden:
Selbstfürsorge und Selbsthilfe
Worauf sollte ich besonders achten?
Besonders wichtig bei Patienten mit einer Tyrosinämie Typ I ist die unterbrechungsfreie Nitisinon-Therapie sowie die konsequente Einhaltung einer Tyrosin-armen Diät.
Sie sollten einen Arzt aufsuchen, sobald vermehrte oder verlängerte Blutungen auftreten, vermehrte Schläfrigkeit oder eine Trinkschwäche. Aber auch unspezifische Symptome wie Bauchschmerzen sollten wahrgenommen und einem Arzt berichtet werden. Auch bei weiteren neu auftretenden Auffälligkeiten oder Beschwerden sollten Sie einen Arzt aufsuchen.