Definition

Die CEBPA-Defizienz oder CEBPA-assoziierte familiäre akute myeloische Leukämie (OMIM #601626, #116897) ist ein Leukämie-Prädispositionssyndrom, welches auf einer heterozygoten Keimbahnmutation des CEBPA-Gens beruht. Typischerweise tritt eine akute myeloische Leukämie (AML) bei zugrunde liegender CEBPA-Mutation zu einem früheren Zeitpunkt auf als eine sporadische AML. Daneben sind häufig mehrere Familienmitglieder betroffen.

Eckdaten

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Synonym  CEBPA-assoziierte familiäre AML
Gen CEBPA
Genprodukt C/EBPα (CCAAT/enhancer binding protein-alpha)
Funktion Transkriptionsfaktor mit einer Schlüsselrolle in der Granulozytenreifung
Erbgang autosomal-dominant
Prävalenz Vermutlich haben 5-10% der mutmaßlich sporadischen CEBPA-assoziierten AML eine pathogene CEBPA-Keimbahnvariante.
Genotyp-
Phänotyp-
Korrelation
Eine Keimbahnmutation ist typischerweise eine frameshift-Mutation in der Region des CEBPA-Gens, die für das N-Terminal des C/EBPα-Proteins kodiert, während somatische Mutationen typischerweise in der Region lokalisiert sind, die für das C-Terminal kodiert.
Hereditäre C-Terminal-Mutationen treten seltener auf und zeigen eine geringere Penetranz.
Penetranz für AML >80%
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Diagnose

Verdachtsdiagnose

Der Verdacht auf das Vorliegen einer CEBPA-Defizienz besteht bei folgenden vorliegenden Befunden:

Klinisch:

  • Personen mit AML, die eine positive Familienanamnese hinsichtlich einer AML vorweisen

  • Personen, die eine AML in jungem Alter (<50 Jahre) entwickeln

Laborchemisch:

  • Junge Patienten mit AML, deren leukämische Zellen Mutationen in beiden Kopien des CEBPA-Gens aufweisen

  • Ein normaler Karyotyp in leukämischen Zellen

  • Ein Vorherrschen der FAB-Subtypen M1 oder M2

  • Auerstäbchen in Blasten

  • Aberrante CD7-Expression

Genetische Diagnostik

Die Diagnose „familiäre CEBPA-Defizienz“ wird gesichert durch den Nachweis einer Keimbahnmutation des CEBPA-Gens mittels Sequenz- oder Deletions-/Duplikationsanalyse. Auch der Einsatz von Panel-Untersuchungen, in denen mehrere Gene erfasst werden, kann sinnvoll sein.

Da sich die CEBPA-assoziierte familiäre AML aus Zellen entwickelt, die Mutationen in beiden Kopien des CEBPA-Gens haben, zeigen leukämische Zellen häufig sowohl eine Keimbahn- als auch eine somatische CEBPA-Mutation.

Weitere klinische Diagnostik nach Diagnosestellung

  • HLA-Typisierung im Hinblick auf eine eventuelle Stammzelltransplantation

  • Nach Diagnose einer Leukämie ausgiebige Diagnostik nach dem jeweiligen Studienprotokoll

Humangenetik

  • Humangenetische Anbindung des Patienten

  • Genaue Familienanamnese, um weitere betroffene Familienmitglieder und Mutationsträger zu finden

  • Genetische Beratung/Diagnostik bei allen Familienmitgliedern, die ein Risiko für das Vorliegen einer CEBPA-assoziierten familiären AML haben

Differentialdiagnosen

  • Sporadische AML mit somatischer CEBPA-Mutation

  • AML aufgrund von Expositionen der Umwelt (Benzole, Strahlung, Chemotherapie)

  • Sporadische AML mit mehr als einem betroffenen Verwandten

Klinische Präsentation

Die CEBPA-assoziierte familiäre AML ist in der Regel von FAB-Subtyp M1, M2 oder seltener M4.

Die AML im Rahmen einer familiären CEBPA-Defizienz scheint früher aufzutreten als eine sporadische AML. Das Durchschnittsalter bei Diagnosestellung liegt bei 25 Jahren, wobei dieses stark variiert von knapp 2 Jahren bis >45 Jahren. Im Vergleich dazu liegt das Durchschnittsalter bei Diagnosestellung einer sporadischen AML bei 65 Jahren.

Die Prognose der familiären AML scheint mit einem 10-Jahres overall survival (OS) von 67% günstig zu sein im Vergleich zur sporadischen AML, bei der das OS bei doppelter CEBPA-Mutation bei 54% und einfacher CEBPA-Mutation bei 29% liegt.

Patienten mit einer familiären CEBPA-Defizienz haben nach erfolgreich behandelter AML das Risiko, an einer weiteren Leukämie zu erkranken. Es handelt sich hierbei meist um eine zweite Neuerkrankung mit günstiger Prognose und nicht um ein Rezidiv.

Besonderheiten bei der Behandlung

Die Therapie einer AML bei Patienten mit einer CEBPA-Mutation sollte eingehend mit der entsprechenden Studienzentrale diskutiert werden und wenn möglich nach einem Studienprotokoll erfolgen. Dies beinhaltet in der Regel eine Cytarabin/Antrazyklin-basierte Induktion und eine Cytarabin-basierte Konsolidierung. Eine hämatopoetische Stammzelltransplantation kann bei ausbleibender Remission oder Zweiterkrankungen erfolgen. Prinzipiell besteht auch die Möglichkeit der präemptiven Stammzelltransplantation, d.h. bei CEBPA-Mutatationsträgern vor Entwicklung der ersten Leukämie. Aufgrund der nicht unerheblichen Risiken, die mit einer Transplantation einhergehen, wird hierüber derzeit kontrovers diskutiert.

Empfehlungen zur Früherkennung bei Ihren Patienten

Empfehlungen zur Früherkennung

Asymptomatische Mutationsträger

  • Großes Blutbild alle 6-12 Monate

  • Knochenmarkpunktion bei klinischen Auffälligkeiten oder auffälligem Blutbild

Patienten, die an AML erkrankt sind

Solange der Patient an einer AML erkrankt ist, erfolgt das Vorgehen nach Studienprotokoll und muss mit der entsprechenden Studienzentrale diskutiert werden.

Die Vorsorgeempfehlungen nach vollständiger Remission bei CEBPA-assoziierter familiärer AML gleichen denen bei sporadischer AML:

  • Großes Blutbild alle 1-3 Monate für zwei Jahre, dann alle 3-6 Monate für bis zu 5 Jahre

  • Knochenmarkpunktion bei Zytopenie und/oder auffälligem peripheren Blutausstrich

Da auch nach längerer Zeit eine erneute Leukämie entstehen kann, werden lebenslange Vorsorgeuntersuchungen für Patienten mit CEBPA-assoziierter familiärer AML empfohlen.

Weitere Informationen

Offene klinische Studien / Register

Selbsthilfegruppen

Leider gibt es bislang keine uns bekannten Selbsthilfegruppen für Patienten mit CEBPA-Defizienz. Sobald uns hier neue Informationen zur Verfügung stehen, werden wir diese ergänzen.