Definition
Die GATA2-Defizienz umfasst mehrere Erkrankungen, die auf Mutationen des GATA2-Gens beruhen: Immundefizienz 21 (MonoMAC; OMIM #614172), Emberger-Syndrom (OMIM #614038), Prädisposition für myelodysplastisches Syndrom (MDS; OMIM #614286) und Prädisposition für akute myeloische Leukämie (AML; OMIM #601626).
Eckdaten
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Synonym | Emberger-Syndrom (MDS, Lymphödem und Schwerhörigkeit) MonoMAC-Syndrom (Immundefizienz 21) |
Gen | GATA2 |
Genprodukt | GATA2 |
Funktion | Transkriptionsfaktor, der die Genexpression in hämatopoetischen Zellen reguliert. Er enthält zwei Zinkfinger-Domänen (ZF), die für die DNA-Bindungsfähigkeit sowie Protein-Interaktionen verantwortlich sind. |
Erbgang | autosomal-dominant |
Prävalenz | 7% der primären MDS bei Kindern basieren auf GATA2-Mutation 72% der Erwachsenen mit MDS und Monosomie 7 haben GATA2-Mutation (meist de novo) |
Genotyp- Phänotyp- Korrelation |
Die häufigsten Mutationen sind trunkierende Mutationen vor ZF2, missense-Mutationen innerhalb von ZF2 und noncoding-Varianten in der +9.5kb regulatorischen Region von GATA2. Alle bisher beschriebenen Keimbahnmutationen prädisponieren für MDS/AML, infektiöse Erkrankungen und Zytopenien, aber nur komplette Haploinsuffizienz oder loss-of-function des GATA2-Proteins prädisponieren für Lymphödeme. |
Penetranz | für hämatologische und immunologische Erkrankungen zusammen etwa 90% bis zum Alter von 60 Jahren myeloide Neoplasie treten bei etwa 70% der Mutationsträger auf |
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Diagnose
Bei folgenden Patienten besteht der Verdacht auf eine GATA2-Mutation
Patienten, die in jungem Alter an einem MDS oder einer AML erkranken
Patienten mit MDS/AML, die eine positive Familienanamnese hinsichtlich MDS oder AML haben
Patienten mit MDS/AML, die zusätzlich eine Monosomie 7/Trisomie 8 aufweisen
Patienten mit MDS/AML, die zusätzlich ein Lymphödem oder eine Schwerhörigkeit aufweisen
Patienten mit MDS/AML, die zusätzlich dysmorphe Zeichen aufweisen
Genetische Diagnostik
Die Diagnose „GATA2-Defizienz“ wird gesichert durch den Nachweis einer Keimbahnmutation des GATA2-Gens durch eine Einzelgenanalyse oder durch den Einsatz von Panel-Untersuchungen, in denen mehrere Gene erfasst werden.
Weitere klinische Diagnostik nach Diagnosestellung
HLA-Typisierung im Hinblick auf eine eventuelle Stammzelltransplantation
Nach Diagnose einer Leukämie ausgiebige Diagnostik nach dem jeweiligen Studienprotokoll
Differentialdiagnosen
MDS/AML mit anderen zugrunde liegenden Mutationen
Andere angeborene Erkrankungen mit Knochenmarkversagen
Immundefekte anderer Ursache
Klinische Präsentation
Klinisch zeigt sich ein sehr heterogenes Bild. Hauptmanifestationen sind Zytopenien und myeloische Neoplasien. Ein MDS mit Blastenexzess kann sich aber auch ohne zuvor bestehende Symptome oder andere Anzeichen sowie ohne positive Familienanamnese entwickeln. Daneben kommen Immundefekte mit z.T. schweren bakteriellen und viralen Infektionen vor sowie Lymphödeme und Schwerhörigkeit. Auch eine Kombination aus nicht-hämatologischen Manifestationen ohne das Vorliegen eines MDS oder einer AML kann im Rahmen einer GATA2-Mutation auftreten.
Hämatologische Manifestationen
MDS oder AML entwickelt sich bei etwa 70% der Mutationsträger
Patienten mit MDS haben ein hohes Risiko für die Entwicklung einer AML oder einer chronischen myelomonozytären Leukämie (CMML).
Das mittlere Alter bei Diagnosestellung einer hämatologischen Neoplasie liegt bei 20 Jahren, bei einer Altersspanne von 12 bis 35 Jahren.
Initiales hämatologisches Zeichen kann eine Zytopenie einer Zelllinie, aber auch eine Panzytopenie sein. Oft zeigt sich eine Monozytose.
Häufig finden sich hypozelluläres Knochenmark, dysplastische Megakaryozyten und gesteigerte Retikulinfibrose.
Immunologische Manifestationen
Monozytopenie, B-Zell-Lymphozytopenie, NK (natural-killer)-Zell-Mangel
Infektionen insbesondere mit humanem Papillomavirus (HPV) und Mykobakterien, v.a. Mycobacterium avium complex
Weitere klinische und genetische Auffälligkeiten
Lymphödeme (an Extremitäten oder als Hydrocele testis)
Sensorineurale Schwerhörigkeit
Verhaltensauffälligkeiten, Autismus, ADHS
Hypothyreoidismus, urogenitale Malformationen, uni-/bilaterale Ptosis, Hydrops fetalis
Dysmorphe Zeichen: Hypotelorismus, Epikanthus-Falte, lange und spitz zulaufende Finger, Pterygium colli
Genetisch: Monosomie 7, Trisomie 8, erworbene ASXL1-Mutation
Besonderheiten bei der Behandlung
Aufgrund des heterogenen klinischen Bildes, sollte die Behandlung der Patienten mit GATA2-Mutation durch ein multidisziplinäres Team erfolgen.
Die bei einer AML angewandte Chemotherapie sollte bei einer GATA2-Mutation aufgrund der zugrundeliegenden Immundefizienz und des Stammzelldefektes vermieden werden. Daher kann eine frühe Stammzelltransplantation bei Hochrisikopatienten in Betracht gezogen werden. Als günstigstes Zeitfenster hat sich dafür die Phase des hypozellulären Knochenmarks erwiesen, da diese in der Regel vor dem Eintritt schwerwiegender Komplikationen wie systemischen Infektionen oder eines MDS mit Blastenexzess liegt.
Da eine Prädisposition für HPV-Infektionen besteht, kann eine HPV-Impfung erwogen werden.
Empfehlungen zur Früherkennung bei Ihren Patienten
Empfehlungen zur Früherkennung
Mindestens jährlich
Klinische Untersuchung
Großes Blutbild
Knochenmarkpunktion
Weitere Informationen
Offene klinische Studien / Register
Selbsthilfegruppen
Leider gibt es bislang keine uns bekannten Selbsthilfegruppen für Patienten mit GATA2-Defizienz. Sobald uns hier neue Informationen zur Verfügung stehen, werden wir diese ergänzen.