Was ist das CDC73-assoziierte (Hyperparathyroid-Jaw)-Syndrom?

Das CDC73-assoziierte (Hyperparathyroid-Jaw)-Syndrom (HPT-JT) ist eine seltene Erkrankung, die auf Mutationen, also genetischen Veränderungen im CDC73-Gen (auch HRPT-2) beruht. Betroffene haben ein deutlich erhöhtes Risiko für Tumore der Nebenschilddrüsen verbunden mit einer Nebenschilddrüsenüberfunktion (primärer Hyperparathyreoidismus, PHPT), Knochentumore (ossifizierende Fibrome) im Ober- und Unterkiefer sowie Tumore der Nieren und der Gebärmutter.

Wie wird die Diagnose CDC73-assoziiertes (Hyperparathyroid-Jaw)-Syndrom gestellt?

Klinische Diagnosekriterien

  • PHPT UND ossifizierende(s) Fibrom(e) des Ober- und/oder Unterkiefers

  • PHPT UND naher Verwandter mit HPT-JT-Syndrom

  • Ossifizierende(s) Fibrom(e) des Ober- und/oder Unterkiefers UND ein naher Verwandter mit HPT-JT-Syndrom

Diagnosesicherung

Die klinische Diagnose wird durch Blutuntersuchungen (Messung von Kalzium und Parathormon) sowie bildgebende Diagnostik (Röntgen des Kiefers, Ultraschall der Nieren und des Beckens) gestellt.

Genetische Diagnostik

Die Diagnose „HPT-JT“ wird gesichert durch den Nachweis einer Mutation, also einer genetischen Veränderung des CDC73-Gens.

Wie hoch ist das Krebsrisiko?

Primärer Hyperparathyreoidismus

  • Hauptbefund bei HPT-JT und bei bis zu 95% der Patienten zu finden

  • Meist verursacht durch einen einzelnen gutartigen Nebenschilddrüsentumor, ein zweiter kann zeitgleich oder zeitlich versetzt auftreten

  • In 10-15% der Fälle ist der PHPT durch ein bösartiges Nebenschilddrüsenkarzinom verursacht

  • Auftreten meist im späten Jugendlichen- bis frühen Erwachsenenalter

Kiefertumore

  • Bei 30-40% der HPT-JT-Patienten

  • Z. T. Raumforderung mit Größenzunahmen, z.T. nur im Röntgenbild nachweisbar

  • Können den Zahndurchbruch aus dem Kiefer unterbrechen und/oder die Atmung beeinträchtigen

Erkrankungen der Nieren

  • 20% der HPT-JT-Patienten haben eine Nierenbeteiligung: Meist Zysten, Hamartome (tumorartige, gutartige Gewebeveränderung) oder seltener Wilmstumore (bösartiger Nierentumor)

  • Zystische Erkrankungen können einige kleine Zysten, aber auch beidseitig von Zysten durchsetzte Nieren sein

Tumore der Gebärmutter

  • Finden sich bei etwa 75% der weiblichen HPT-JT-Patientinnen, Durchschnittsalter bei Diagnose beträgt 35 Jahre

  • Können gut- oder bösartig sein

  • Folgende können auftreten: Endometriose, Adenofibrom, Endometriumhyperplasie, Leiomyom und Adenosarkom

Wodurch entsteht das CDC73-assozieerte (Hyperparathyroid-Jaw)-Syndrom?

Das CDC73-assoziierte (Hyperparathyroid-Jaw)-Syndrom beruht auf einer Mutation, also einer genetischen Veränderung des CDC73-Gens. Dieses Gen kodiert für das Protein Parafibromin, welches bei der Vervielfältigung genetischen Materials eine Rolle spielt. Liegt nun das CDC73-Gen in einer veränderten Form vor, kann auch das Protein Parafibromin nicht mehr korrekt funktionieren und es kommt zur Tumorentstehung.

Bisher ist unbekannt, wie häufig das HPT-JT-Syndrom auftritt. Bekannt ist, dass die Erkrankung von den Eltern an ihre Kinder weitergegeben werden kann. Der Erbgang ist dabei autosomal-dominant.

Gibt es eine Therapie?

Primärer Hyperparathyreoidismus

Da meist nur ein einzelner Nebenschilddrüsentumor als Ursache des PHPT vorliegt, wird eine minimalinvasive Vorgehensweise zur Entfernung des Nebenschilddrüsentumors präferiert. Dies beinhaltet:

  • Bildgebung vor der Operation (Ultraschall, Szintigraphie mit 99mTc, CT/MRT) zur Lokalisation des Tumors

  • Messung von Parathormon (Hormon, das von der Nebenschilddrüse produziert wird) zur Kontrolle, dass die Drüse mit Überfunktion entfernt wurde

Liegt ein bösartiges Nebenschilddrüsenkarzinom vor, sollte eine Entfernung der Nebenschilddrüsen inklusive des gleichseitigen Schilddrüsenlappens erfolgen.

Kiefertumore

Wenn möglich, sollte der Tumor vollständig entfernt werden. Medikamentöse Herangehensweisen bei nicht vollständig entfernbaren Tumoren sind bisher nicht bekannt. Aufgrund des Rezidivrisikos sollten die Patienten Nachsorgeuntersuchungen wahrnehmen.

Erkrankungen der Nieren

Bei zystischen Erkrankungen muss je nach Ausmaß und Erscheinungsbild eine individuelle Therapie festgelegt werden. Spezifische Richtlinien für HPT-JT-Patienten liegen nicht vor.

Tumore der Gebärmutter

Bei Tumoren der Gebärmutter muss je nach Ausmaß und Erscheinungsbild eine individuelle Therapie festgelegt werden. Spezifische Richtlinien für HPT-JT-Patienten liegen nicht vor.

Gibt es Maßnahmen zur Früherkennung von Krebserkrankungen?

Maßnahmen zur Früherkennung

Bisher existieren keine einheitlichen Früherkennungsempfehlungen für Patienten mit CDC73-Mutation. Aufgrund der aktuell verfügbaren Literatur wird folgendes vorgeschlagen:

  • Blutuntersuchung jährlich, ab 5.-10. Lebensjahr

  • Regelmäßig Ultraschall der Nebenschilddrüsen zur Detektion des seltenen nicht-funktionalen Nebenschilddrüsenkarzinoms im Rahmen einer CDC73-Mutation

  • Röntgen des Kiefers mindestens alle 5 Jahre, regelmäßige professionelle Zahnreinigung ab 10 Jahren

  • Ultraschall der Nieren mindestens alle 5 Jahre, beginnend ab Diagnosestellung. Kreatinin im Blut sollte bei Patienten mit bekannten Zysten regelmäßig bestimmt werden.

  • Frauen im gebärfähigen Alter sollten sich regelmäßigen gynäkologischen Untersuchungen unterziehen. Ein Ultraschall des Beckens sollte bei Auffälligkeiten der Menstruation durchgeführt werden, ggf. mit nachfolgenden bildgebenden Untersuchungen (CT oder MRT).

Selbstfürsorge und Selbsthilfe

Worauf sollte ich besonders achten?

Ein Hyperparathyreoidismus kann sich durch Knochenschmerzen äußern. Daneben kann es zum Auftreten von Nieren- oder Gallensteinen kommen, die Schmerzen im Bereich der Flanken bzw. im Oberbauch verursachen können. Auch Nierenzysten können Schmerzen im Bereich der Flanken auslösen. Daneben kann es zu Urinauffälligkeiten oder Harnwegsinfekten kommen. Tumore der Gebärmutter fallen meist durch Blutungen oder Veränderungen der Menstruation auf. Bei Tumoren des Kiefers kann es zu fehlendem Durchbruch der Zähne aus dem Kiefer, Schwellungen und Schmerzen kommen.

Sollten Sie eines der oben genannten Symptome oder andere Beschwerden oder Auffälligkeiten wahrnehmen, ist ein Arztbesuch dringend angeraten.

Selbsthilfegruppen

Leider gibt es bislang keine uns bekannten Selbsthilfegruppen für Patienten mit CDC73-assoziiertem (Hyperparathyroid-Jaw Tumor)-Syndrom. Sobald uns hier neue Informationen zur Verfügung stehen, werden wir diese ergänzen.