Weaver-Syndrom – Definition
Das Weaver-Syndrom (OMIM #277590) ist eine genetische Erkrankung, die auf pathogenen Varianten im EZH2-Gen beruht. Es ist gekennzeichnet durch Großwuchs, eine charakteristische Fazies und eine variable intellektuelle Beeinträchtigung.
Synonyme:
EZH2-assoziierter Großwuchs
Gen:
EZH2
Genprodukte:
EZH2
Funktion:
Histon-Methyltransferase, die als Transkriptionsfaktor agiert
Erbgang:
autosomal-dominant
Prävalenz:
unbekannt
Genotyp-Phänotyp-Korrelation:
keine bekannt
Penetranz:
inkomplett
Weaver-Syndrom – Diagnosestellung

Verdachtsdiagnose
Klinisch
Der Verdacht auf ein Weaver-Syndrom besteht bei dem Vorliegen folgender Befunde:
- Großwuchs (≥97. Perzentile)
- Makrozephalie (≥97. Perzentile)
- Intellektuelle Beeinträchtigung
- Charakteristische Fazies:
- Retrognathie (v.a. bei Kindern <3 Jahre)
- Große, tiefsitzende Ohren (v.a. bei Kindern <3 Jahre)
- Horizontale Kinnfalte z.T. mit zentralem Grübchen (v.a. bei Kindern <3 Jahre)
- Rundes Gesicht (v.a. bei Kindern)
- Breite Stirn
- Hypertelorismus
- Mandelförmige Augen
- Mangelnde Koordination
- Weiche und teigige Haut
- Kamptodaktylie der Finger und/oder Zehen
- Umbilikalhernie
- Muskeltonusanomalie (zentrale Hypotonie und/oder periphere Hypertonie)
- Raues, tiefes Schreien bei Säuglingen
Radiologisch
- Fortgeschrittenes Knochenalter
- Neuronale Migrationsstörung in kranialer MRT
Genetische Diagnostik
Die Diagnose „Weaver-Syndrom“ wird gesichert durch den Nachweis einer heterozygoten pathogenen Keimbahnvariante des EZH2-Gens durch Sequenz- oder Deletions-/Duplikationsanalyse. Auch der Einsatz von Panel-Untersuchungen, in denen mehrere Gene erfasst werden, kann sinnvoll sein.
Differentialdiagnosen
- Sotos-Syndrom
- Malan-Syndrom
- DNMT3A-assoziierter Großwuchs (Tatton-Brown-Rehman-Syndrom)
- Beckwith-Wiedemann-Syndrom
- Simpson-Golabi-Behmel-Syndrom Typ 1
- Marfan-Syndrom
- Kongenitale Kontrakturale Arachnodaktylie (Beals-Syndrom)
Klinische Präsentation

- Großwuchs ≥97. Perzentile: Bei fast allen Patientinnen und Patienten
- Makrozephalie ≥97. Perzentile: Bei etwa 50% der Betroffenen
- Intellektuelle Beeinträchtigung: Meist liegt eine milde bis moderate Entwicklungsverzögerung vor, die sich im sprachlichen Bereich und als Lernschwäche äußern kann. Insgesamt besteht eine große Variabilität von normaler intellektueller Entwicklung bis zur schweren mentalen Retardierung.
- Charakteristische Fazies (s. Verdachtsdiagnose)
- Skelettale Manifestationen: Fortgeschrittenes Knochenalter, Skoliose, Kamptodaktylie, Boutonnière Deformität, Klumpfuß
- Bindegewebsmanifestationen: Weiche und teigige Haut, Hypermobilität der Gelenke, Pes planus, Umbilikalhernie
- Anomalie des Muskeltonus: Zentrale Hypotonie und/oder periphere Hypertonie
- Fütterungsschwierigkeiten bei Neugeborenen
- Raues, tiefes Schreien bei Säuglingen
- Neuronale Migrationsstörung in kranialer MRT
- Tumore: Bisher gibt es Berichte über eine Person mit Non-Hodgkin-Lymphom, eine Person mit Neuroblastom und akuter lymphatischer Leukämie (ALL) sowie eine weitere Person mit Neuroblastom
Besonderheiten bei der Behandlung

Im Hinblick auf die Vielzahl möglicher Manifestationen sollte die Therapie stets symptomorientiert und interdisziplinär unter Beteiligung der entsprechenden Fachdisziplin erfolgen.
Bei Patientinnen und Patienten mit Entwicklungsverzögerung und/oder Lernbehinderung kann eine Lern-, Verhaltens- und/oder Sprachtherapie erfolgen.
Auch eine langfristige physiotherapeutische Therapie kann Operationen herauszögern und Schmerzen reduzieren.
Diagnose Weaver-Syndrom. Wie geht es weiter?
Nach der Diagnose ist es ratsam, die Weiterbehandlung von Betroffenen durch eine Spezialistin bzw. einen Spezialisten für dieses Krebsprädispositionssyndrom durchführen zu lassen. Im folgenden Abschnitt schildern wir Ihnen, ob Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung oder andere Maßnahmen erforderlich sind und wie diese erfolgen sollten. Zudem finden Sie am Ende dieser Seite noch ein paar weiterführende Informationen wie z.B. die Links von Selbsthilfegruppen.
Diagnose Weaver-Syndrom. Wie geht es weiter?
Nach der Diagnose ist es ratsam, die Weiterbehandlung von Betroffenen durch eine Spezialistin bzw. einen Spezialisten für dieses Krebsprädispositionssyndrom durchführen zu lassen. Im folgenden Abschnitt schildern wir Ihnen, ob Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung oder andere Maßnahmen erforderlich sind und wie diese erfolgen sollten. Zudem finden Sie am Ende dieser Seite noch ein paar weiterführende Informationen wie z.B. die Links von Selbsthilfegruppen.
Empfehlungen zur Früherkennung

Nach den neuesten AACR-Guidelines werden für Betroffene mit Weaver-Syndrom folgende Früherkennungsuntersuchungen hinsichtlich der Prädisposition für Neuroblastome empfohlen:
Kinder von 0-6 Jahren
- Sonografie Abdomen, Vanillinmandelsäure und Homovanillinsäure im Urin alle 3 Monate
- Röntgen-Thorax alle 6 Monate
Kinder von 6-10 Jahren
- Sonografie Abdomen, Vanillinmandelsäure und Homovanillinsäure im Urin alle 6 Monate
- Röntgen-Thorax alle 6-12 Monate
Kinder >10 Jahre
- Keine Früherkennung empfohlen
Patientinnen und Patienten mit einem Weaver-Syndrom sollten zudem regelmäßig ärztlich v.a. im Hinblick auf die kognitive und sprachliche Entwicklung, eine Kamptodaktylie und eine muskuläre Hypotonie untersucht werden. Zeigen sich klinisch keine Komplikationen, kann das Untersuchungsintervall ab dem Jugendalter gestreckt werden.
Falls eine Skoliose besteht, sollte eine Vorsorge entsprechend der orthopädischen Empfehlungen durchgeführt werden.
Bei weiteren Auffälligkeiten sollten ggf. weitere Untersuchungen und die Überweisung an Spezialistinnen und Spezialisten erfolgen.
Weaver-Syndrom – weitere Informationen
Klinische Studien / Register
Weitere Informationen
Leider gibt es bislang keine uns bekannten Selbsthilfegruppen für Betroffene mit Weaver-Syndrom. Sobald uns hier neue Informationen zur Verfügung stehen, werden wir diese ergänzen.