WT1-assoziierte Syndrome – Definition
Es handelt sich um drei Phänotypen – WAGR-Syndrom (WAGR, OMIM#194072), Denys-Drash-Syndrom (DDS, OMIM #194080) und Frasier-Syndrom (FS, OMIM #136680) – die bei Menschen mit unterschiedlichen genetischen Defekten des WT1-Gens auftreten und mit einem erhöhten Risiko für Wilmstumore und anderen Auffälligkeiten einhergehen.
Synonyme:
Gen:
WT1
Genprodukte:
WT1
Funktion:
WT1 kodiert für ein Zink-Finger-beinhaltendes Protein mit multiplen Isoformen. Das Genprodukt ist ein Transkriptionsfaktor, der Zellwachstum und Differenzierung von Nieren, Gonaden, Milz und Mesothel reguliert.
Erbgang:
autosomal-dominant
Prävalenz:
selten
Genotyp-Phänotyp-Korrelation:
Die Art der pathogenen Variante bestimmt das Vorliegen des WAGR, DDS oder FS. Das größte Nephroblastomrisko findet sich bei trunkierenden Mutationen im Exon 8/9 Hotspot. Betroffene mit trunkierenden Mutationen haben ein höheres Risiko für bilaterale Nephroblastome als Betroffene mit Missense Mutationen.
- WAGR: Mikrodeletion 11p13 (WT1 und PAX6)
- DDS: Heterozygote Punktmutationen in der DNA-bindenden Domäne von WT1 (Exon 8 und 9)
- FS: Heterozygote pathogene Mutationen der Spleißdonorstelle von Intron 9 von WT1
Penetranz:
unbekannt
WT1-assoziierte Syndrome – Diagnosestellung

Diagnose
Die Diagnose erfolgt klinisch und kann mittels Analyse der pathogenen Variante gesichert werden.
Differentialdiagnosen
- Andere Syndrome mit erhöhtem Risiko für Wilmstumore wie Beckwith-Wiedemann-Syndrom
Klinische Präsentation

WAGR
Wilmstumor, Aniridie, urogenitale Fehlbildung, Mentale Retardierung; Wilmstumor-Risiko 30-60%
DDS
Diffuse mesangiale Sklerosierung, frühes Nierenversagen, Genitalfehlbildungen, Gonadendysgenesie; Wilmstumor-Risiko 74-90 %
FS
Fokal segmentale Glomerulosklerose, Gonadendysgenesie, Genitalfehlbildungen; Wilmstumor-Risiko nicht stark erhöht
Grundsätzlich
WT1-assoziierte Gonadoblastome können bei gestörter Geschlechtsentwicklung bei Individuen mit FS oder DDS mit 46,XY Karotyp entstehen. Bei diesen Patientinnen und Patienten scheint die Entwicklung von Gonadoblastomen eng an das Vorliegen einer gonadalen Dysgenesie gekoppelt zu sein und scheint bei FS und DDS etwa gleichhäufig aufzutreten (bei über 40% der Betroffenen). Obwohl die meisten Gonadoblastome bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen entstehen, wurden diese Tumore bereits bei Kleinkindern diagnostiziert. Das Gonadoblastom Risiko ist niedrig bei Individuen, bei denen Karyotyp und Geschlecht übereinstimmen.
Besonderheiten bei der Behandlung

Menschen mit WT1-assoziierten Syndromen sollten in einem multiprofessionellen Team, das u.a. aus erfahrenen Nephrologinnen und Nephrologen und pädiatrischen Onkologinnen und Onkologen besteht, betreut werden.
Die Behandlung einer/eines Betroffenen mit Wilmstumor bei WAGR, DDS oder FS sollte mit der Nephroblastomstudienleitung diskutiert werden.
Alle Individuen mit FS oder DDS und 46,XY Karyotyp sollten auf das Vorliegen einer gonadalen Dysgenesie evaluiert werden. Liegt eine gonadale Dygenesie vor, wird eine Gonadektomie empfohlen. Für das konkrete Vorgehen verweisen wir auf folgenden Empfehlungen:
- „State of the art review in gonadal dysgenesis: challenges in diagnosis and management.“
Diagnose WT1-assoziierte Syndrome. Wie geht es weiter?
Nach der Diagnose ist es ratsam, die Weiterbehandlung von Betroffenen durch eine Spezialistin bzw. einen Spezialisten für dieses Krebsprädispositionssyndrom durchführen zu lassen. Im folgenden Abschnitt schildern wir Ihnen, ob Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung oder andere Maßnahmen erforderlich sind und wie diese erfolgen sollten. Zudem finden Sie am Ende dieser Seite noch ein paar weiterführende Informationen wie z.B. die Links von Selbsthilfegruppen.
Diagnose WT1-assoziierte Syndrome. Wie geht es weiter?
Nach der Diagnose ist es ratsam, die Weiterbehandlung von Betroffenen durch eine Spezialistin bzw. einen Spezialisten für dieses Krebsprädispositionssyndrom durchführen zu lassen. Im folgenden Abschnitt schildern wir Ihnen, ob Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung oder andere Maßnahmen erforderlich sind und wie diese erfolgen sollten. Zudem finden Sie am Ende dieser Seite noch ein paar weiterführende Informationen wie z.B. die Links von Selbsthilfegruppen.
Empfehlungen zur Früherkennung

Nach den neuesten AACR-Guidelines werden für Betroffene mit WT1-assoziierten Syndromen folgende Früherkennungsuntersuchungen empfohlen:
- Körperliche Untersuchung alle 6 Monate. Es sollte eine Anbindung an ein Nierenzentrum mit Transplantationsoption erfolgen. Langfristige nephrologische Kontrollen sind in der Regel erforderlich.
- Wilms-Tumor: Sonografie der Nieren alle 3 Monate ab Geburt bis zum 7. Geburtstag
- Hepatoblastom: Sonografie Abdomen + AFP-Bestimmung alle 3 Monate ab Geburt bis zum 3. Geburtstag
- Bei Frasier-Syndrom und vorliegender Splice-Variante in Exon 9 oder 10 ist das Risiko für Gonadoblastome und Dysgerminome erhöht. Eine prophylaktische Entfernung von Streak-Gonaden kann nach gründlicher interdisziplinärer Abstimmung erwogen werden.
WT1-assoziierte Syndrome – weitere Informationen
Klinische Studien / Register
Weitere Informationen
Leider gibt es bislang keine uns bekannten Selbsthilfegruppen für Betroffene mit WT1-assoziierten Syndromen. Sobald uns hier neue Informationen zur Verfügung stehen, werden wir diese ergänzen.