Schwannomatose (LZTR1- und SMARCB1-assoziiert) – Definition
Die Schwannomatose ist ein Krebsprädispositionssyndrom, das mit genetischen Veränderungen in NF2, LZTR1 oder SMARCB1 assoziiert sein kann. Zudem ist eine mit SMARCE1-assoziierte Meningeomatose bekannt. Auf dieser Seite finden Sie zunächst Informationen zur LZTR1– und SMARCB1-assoziierten Schwannomatose sowie zur Meningeomatose (OMIM #162091 (SMARCB1), #615670 (LZTR1), #607174 (SMARCE1)). Über die NF2-assoziierte Schwannomatose wird an anderer Stelle berichtet.
Die SMARCB1-assoziierte Schwannomatose ist charakterisiert durch periphere und spinale Schwannome sowie durch ein erhöhtes Risiko für Meningeome und maligne Tumoren der peripheren Nervenscheide – auch ohne vorherige Strahlenbelastung. Bilaterale Vestibularisschwannome treten bei dieser Form nicht auf.
Patientinnen und Patienten mit einer LZTR1-assoziierten Schwannomatose zeigen typischerweise auch periphere und spinale Schwannome. In Einzelfällen wurden auch einseitige vestibuläre Schwannome beobachtet.
Die Erkrankung tritt häufig erst im Erwachsenenalter mit chronischen und oftmals diffusen Schmerzen klinisch in Erscheinung.
Synonyme:
Gene:
SMARCB1 (INI1), LZTR1 -> Schwannomatose
SMARCE1 -> Meningeomatose
Genprodukte:
• SMARCB1
• LZTR1
• SMARCE1
Funktion:
Regulatoren der Genexpression und damit Tumorsuppression
- SMARCB1: SWI/SNF-verwandter Matrix-assoziierter Aktin-abhängiger Regulator der Chromatin-Unterfamilie B, Member 1
- LZTR1: Leucin-Zipper-ähnlicher Transkriptionsregulator 1
- SMARCE1: SWI/SNF-SWI/SNF-verwandte Matrix-assoziierter Aktin-abhängiger Regulator der Chromatin-Unterfamilie E, Member 1
Erbgang:
autosomal dominant, 80% de novo Mutationen
Prävalenz:
< 1 : 40.000
Genotyp-Phänotyp-Korrelation:
SMARCB1-Schwannomatose:
- Loss of function Mutation -> Rhabdoid-Tumor
- Hypomorphe Mutation -> Schwannomatose
Penetranz:
inkomplett
Schwannomatose (LZTR1- und SMARCB1-assoziiert) – Diagnosestellung

Klinischer Verdacht
- ≥ 2 nicht-intradermalen Schwannomen in der Bildgebung
- Mindestens 1 Schwannom oder 1 gemischter Nervenscheidentumor in der pathologischen Untersuchung
Diagnosekriterien
- Mindestens ein histologisch bestätigtes Schwannom oder ein hybrider Nervenscheidentumor UND eine pathogene SMARCB1- oder LZTR1- Variante in einem nicht betroffenen Gewebe (z.B. Blut)
oder
- Eine gemeinsame pathogene SMARCB1- oder LZTR1-Variante in zwei Schwannomen oder hybriden Nervenscheidentumoren
Bei Bestehen von ≥ 2 nicht-intradermalen Schwannomen ohne histopathologische Sicherung liegt die Verdachtsdiagnose nahe, insbesondere in Assoziation mit chronischen Schmerzen.
Segmentale Schwannomatose: Schwannome nur einer Extremität oder über 2 spinale Segmente (30%)
Differentialdiagnosen
- Neurofibromatose Typ 1
- NF2-assoziierte Schwannomatose
- Carney-Komplex
Klinische Präsentation

In Abhängigkeit von der Lokalisation der genetischen Veränderungen präsentiert sich die Schwannomatose in 3 klinisch distinkten Erscheinungsformen:
- Die SMARCB1-Schwannomatose geht mit der Entwicklung vieler oftmals schmerzhafter, aber gutartiger Tumore der Nervenhüllen peripherer oder zentraler (in Kopf oder Spinalkanal gelegener) Nerven einher. Das Risiko der bösartigen Entartung ist wahrscheinlich gering erhöht. Außerdem ist das Risiko für die Entwicklung von gutartigen Tumoren der Hirnhäute (Meningeomen) leicht erhöht (5%).
- Die LZTR1-Schwannomatose kann einseitige Tumore des achten Hirnnerven, des Hörgleichgewichtsnerven (Vestibularisschwannome), verursachen.
- Die Meningeomatose (SMARCE1-Schwannomatose) prädisponiert zu isolierten zentralen oder spinalen gutartigen Tumoren der Hirnhäute (Meningeome) in der Kindheit.
Besonderheiten bei der Behandlung

Chirurgische Intervention, Schmerztherapie
Diagnose Schwannomatose (LZTR1- und SMARCB1-assoziiert). Wie geht es weiter?
Nach der Diagnose ist es ratsam, die Weiterbehandlung von Betroffenen durch eine Spezialistin bzw. einen Spezialisten für dieses Krebsprädispositionssyndrom durchführen zu lassen. Im folgenden Abschnitt schildern wir Ihnen, ob Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung oder andere Maßnahmen erforderlich sind und wie diese erfolgen sollten. Zudem finden Sie am Ende dieser Seite noch ein paar weiterführende Informationen wie z.B. die Links von Selbsthilfegruppen.
Diagnose Schwannomatose (LZTR1- und SMARCB1-assoziiert). Wie geht es weiter?
Nach der Diagnose ist es ratsam, die Weiterbehandlung von Betroffenen durch eine Spezialistin bzw. einen Spezialisten für dieses Krebsprädispositionssyndrom durchführen zu lassen. Im folgenden Abschnitt schildern wir Ihnen, ob Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung oder andere Maßnahmen erforderlich sind und wie diese erfolgen sollten. Zudem finden Sie am Ende dieser Seite noch ein paar weiterführende Informationen wie z.B. die Links von Selbsthilfegruppen.
Empfehlungen zur Früherkennung

Nach den neuesten AACR-Guidelines werden für Betroffene mit LZTR1- und SMARCB1-assoziierter Schwannomatose folgende Früherkennungsuntersuchungen empfohlen:
Menschen mit zufällig diagnostizierter pathogener Variante in LZTR1 ohne positive eigene Anamnese oder Familienanamnese hinsichtlich Schwannomen oder Schmerzen sollten KEINE Früherkennungsuntersuchungen wahrnehmen.
Baseline: mit 10 Jahren oder bei Diagnose (je nachdem, was später auftritt)
- Kopf-MRT mit Kontrastmittel inklusive dezidierter hochauflösender Darstellung des inneren Gehörgangs (3 Tesla, 1-3mm Schichten)
- MRT-Wirbelsäule
- Ganzkörper-MRT (kann andere MRT-Untersuchungen nicht ersetzen)
- Hörscreening
- Ophthalmologische Untersuchung
- Dermatologische Untersuchung hinsichtlich schwannomatöser Plaques
Regelmäßige Untersuchungen bei asymptomatischen Patientinnen und Patienten oder stabilen Befunden
- Körperliche Untersuchung inklusive neurologischer Untersuchung mit Erfassung jedweder Schmerzen ab Diagnose jährlich
- Kopf-MRT ab 13 Jahren oder 3 Jahre nach Baseline-Bildgebung, alle 3 Jahre
- Nur bei LZTR1: inklusive dezidierter hochauflösender Darstellung des inneren Gehörgangs
- Falls Hirntumor in erster MRT nachgewiesen wird, Wiederholung der MRT nach 1 Jahr, dann alle 3 Jahre bei stabilem Befund
- MRT-Wirbelsäule und Ganzkörper-MRT ab 13 Jahren oder 3 Jahre nach Baseline-Bildgebung, alternierend, alle 3 Jahre
Regelmäßige Untersuchungen bei symptomatischen Betroffenen
- Dezidierte MRT der schmerzhaften oder symptomatischen Region
- Bei SMARCB1-Betroffenen kann bei schnell wachsenden, sich verändernden, schmerzhaften oder funktionseinschränkenden Tumoren eine 18F-FDG-PET erwogen werden