ETV6-Defizienz – Definition

Die ETV6-Defizienz oder Thrombozytopenie 5 (OMIM #616216) ist eine genetische Erkrankung, die auf Mutationen im ETV6-Gen beruht. Charakteristisch sind milde bis moderate Thrombozytopenien mit oder ohne Blutungsneigung, eine Makrozytose sowie ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung akuter Leukämien (v.a. B-ALL), eines myelodysplastischen Syndroms (MDS) und seltener solider Tumoren.

Synonyme:

TEL-Defizienz, Thrombozytopenie 5 mit Prädisposition zur Malignität

Gen:

ETV6 (auch TEL)

Gen­produkt:

ETV6

Funktion:

Transkriptionsfaktor, der eine wichtige Rolle in der Hämatopoese und embryonalen Entwicklung spielt

Erb­gang:

autosomal-dominant

Prävalenz:

etwa 1% der B-ALL im Kindesalter

Genotyp-Phänotyp-Korrelation:

nahezu alle Mutationen finden sich in der ETS-Domäne, die für die DNA-Bindung verantwortlich ist

Penetranz:

etwa 25% entwickeln eine akute Leukämie und/oder ein MDS

Übersicht der Kapitel auf dieser Seite:

  • Wie hoch ist das Krebsrisiko?

  • Was ist über die Entstehung bekannt?

  • Gibt es eine Therapie?

  • Medizinische Maßnahmen zur Früherkennung

  • ETV6-Defizienz – was Sie selber tun können
  • Links (z.B. von Selbst­hilfe­gruppen) und weitere Informationen
  • Klinische Präsentation

  • Besonderheiten bei der Behandlung

  • Empfehlungen zur Früherkennung bei Ihren Patient:innen

  • Weitere Informationen (z.B. Links von Selbsthilfegruppen)

ETV6-Defizienz – Diagnosestellung

Diagnose

Bei familiär gehäuft auftretenden milden bis moderaten Thrombozytopenien sowie bei der Kombination aus Thrombozytopenie und Leukämie oder solidem Tumor, sollte an eine ETV6-Mutation gedacht und dahingehend genetisch getestet werden.

Genetische Diagnostik

Die Diagnose „ETV6-Defizienz“ wird durch den Nachweis einer Mutation im ETV6-Gen gesichert.

Differentialdiagnosen

  • Thrombozytopenien anderer Ursache
  • Hämatologische Neoplasien mit einer anderen zugrunde liegenden Mutation (z.B. RUNX1)

Klinische Präsentation

Thrombozytopenie

  • Typischerweise zeigt sich eine milde bis moderate Thrombozytopenie bei normaler Größe der Thrombozyten.
  • Eine Blutungsneigung liegt nicht immer vor, meist ist sie mild bis moderat, nur selten besteht eine starte Blutungsneigung. Symptome sind typischerweise Epistaxis, Zahnfleischbluten, vermehrte blaue Flecken und Menorrhagie
  • Thrombozytopenie und Blutungsneigung können sich bereits im Säuglingsalter manifestieren.

Hämatologische Erkrankungen

Die häufigste hämatologische Malignität ist die pre-B-ALL, die bei bisherigen Beobachtungen im Durchschnitt mit 7 Jahren auftrat (Altersspanne 2-37 Jahre). Daneben wurden aber auch myeloische Malignitäten beschrieben wie MDS, AML und chronisch myelomonozytäre Leukämien (CMML).

Die meisten Patient:innen haben ein normales Hämoglobin und das MCV ist in der Regel normal oder erhöht.

Im Knochenmark zeigen sich häufig unreife hypolobulierte Megakaryozyten, eine milde Dyserythropoese und eine milde nukleäre Hypolobulierung und Hypogranulation der myeloischen Zellen.

Weitere Manifestationen

  • Bei einigen Patient:innen wurde von früh auftretenden kolorektalen Karzinomen berichtet.
  • In einzelnen Fällen wurde von folgenden Tumoren berichtet: Fibroadenom der Brust, Meningeom, Mammakarzinom, duodenales Adenokarzinom und Nierenzellkarzinom

Besonderheiten bei der Behandlung

  • Eine milde bis moderate Thrombozytopenie ohne Blutungsneigung bedarf in der Regel keiner Behandlung. Bei einer Geburt oder größeren Operationen sollten Thrombozytenkonzentrate verfügbar sein und im Fall einer stärkeren Blutung gegeben werden.
  • Die Therapie eines MDS oder einer Leukämie bei Patient:innen mit einer ETV6-Mutation sollte eingehend mit den entsprechenden Studienzentralen diskutiert werden.
  • Bei einer geplanten Stammzell-Transplantation mit einem HLA-kompatiblen Geschwisterkind als Donor, sollte bei diesem zuvor eine ETV6-Mutationsanalyse durchgeführt werden, um auszuschließen, dass es okkulter Träger des gleichen genetischen Syndroms ist.

Diagnose ETV6-Defizienz. Wie geht es weiter?

Nach der Diagnose ist es ratsam, die Weiterbehandlung von betroffenen Patient:innen durch eine:n Spezialist:in für dieses Krebsprädispositionssyndrom durchführen zu lassen. Im folgenden Abschnitt schildern wir Ihnen, ob Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung oder andere Maßnahmen erforderlich sind und wie diese erfolgen sollten. Zudem finden Sie am Ende dieser Seite noch ein paar weiterführende Informationen wie z.B. die Links von Selbsthilfegruppen.

Diagnose ETV6-Defizienz. Wie geht es weiter?

Nach der Diagnose ist es ratsam, die Weiterbehandlung von betroffenen Patient:innen durch eine:n Spezialist:in für dieses Krebsprädispositionssyndrom durchführen zu lassen. Im folgenden Abschnitt schildern wir Ihnen, ob Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung oder andere Maßnahmen erforderlich sind und wie diese erfolgen sollten. Zudem finden Sie am Ende dieser Seite noch ein paar weiterführende Informationen wie z.B. die Links von Selbsthilfegruppen.

Empfehlungen zur Früherkennung bei Ihren Patient:innen

  • Klinische Untersuchungen
  • Großes Blutbild jährlich
  • Knochenmarkpunktion nur bei instabilen Blutwerten/klinischem Leukämieverdacht

ETV6-Defizienz – weitere Informationen

Offene klinische Studien / Register

Weitere Informationen

Leider gibt es bislang keine uns bekannten Selbsthilfegruppen für Patient:innen mit ETV6-Defizienz. Sobald uns hier neue Informationen zur Verfügung stehen, werden wir diese ergänzen.