Rhabdoid-Tumor-Prädisposition – Definition
Das Rhabdoid-Tumor-Prädispositionsyndrom (RTPS1; OMIM #609322, RTPS2; OMIM #613325) ist ein seltenes Syndrom, welches bereits bei Kleinkindern zu hoch-aggressiven atypischen teratoiden/rhabdoiden Tumoren (AT/RT) des zentralen Nervensystems sowie zu malignen rhabdoiden Tumoren (MRT) anderer Gewebe, meist der Niere, führen kann.
Synonyme:
Gen:
SMARCB1 (RTPS1), seltener SMARCA4 (RTPS2)
Genprodukte:
SMARCB1 (auch INI1 oder BAF47), SMARCA4 (auch BRG1)
Funktion:
Teil des SWI/SNF Chromatin-Remodeling-Complexes, der zur Umstrukturierung von Nukleosomen dient und damit Bindungsstellen für DNA-bindende Proteine freilegt, so dass Transkription, Replikation oder DNA-Reparatur stattfinden können
Erbgang:
autosomal-dominant
Prävalenz:
unbekannt
Inzidenz MRT: 0,6/1 Mio. Kinder (5/1Mio. im 1. Lebensjahr; 0,04/1 Mio. 10-14 Jahre)
Inzidenz AT/RT: 0,7/1 Mio. Kinder (5,4/1 Mio. im 1. Lebensjahr)
Genotyp-Phänotyp-Korrelation:
SMARCB1: Rhabdoid-Tumor (meist Loss of Function Mutationen, LOF), Schwannomatosis (Missense), Multiple Meningiome (Missense), Nicolaides–Baraitser-Syndrom (Missense), Coffin–Siris-Syndrom (Missense), Maligner peripherer Nervenscheidentumor (LOF)
SMARCA4: MRT (LOF), AT/RT (LOF), kleinzelliges Ovarialkarinom vom hyperkalzämischen Typ (LOF), Coffin–Siris-Syndrom (Missense)
Penetranz:
unbekannt; geringere Penetranz für AT/RT bei SMARCA4-Mutationen als bei SMARCB1-Mutationen
Rhabdoid-Tumor-Prädisposition – Diagnosestellung

Alle Patient:innen, die einen MRT bzw. AT/RT aufweisen, sollten hinsichtlich des Vorliegens einer SMARCB1– oder SMARCA4-Mutation genetisch untersucht werden. Zusätzlich sollten alle blutsverwandten Familienmitglieder einer Person mit nachgewiesener SMARCB1– oder SMARCA4-Mutation getestet werden.
Der histologische Nachweis ist nicht immer einfach, da sich ein variables Bild von undifferenzierten „kleinen runden blauen Zellen“ mit mesenchymalen und epithelialen Komponenten sowie klassischen rhabdoiden Zellen bietet, wobei letztere dabei auch fehlen können.
Immunhistochemisch kann der Verlust der SMARCB1– und SMARCA4-Proteine nachgewiesen werden und zur Diagnosestellung beitragen.
Differentialdiagnosen
- Epitheloides Sarkom
- Chordome
- Myoepitheliales Karzinom der Weichteile
- Andere Hirntumore und solide Tumore
Klinische Präsentation

Erkrankungen bei RTPS | Gen |
---|---|
Rhabdoide Tumore
|
Erkrankungsabhängig:
SMARCB1, SMARCA4 |
Schwannomatose | SMARCB1 |
Plexuskarzinom | SMARCB1 |
Medulloblastom | SMARCB1 |
Multiple Meningiome | SMARCB1 |
Nicolaides-Baraitser-Syndrom | SMARCB1 |
Coffin-Siris-Syndrom | SMARCB1, SMARCA4 |
Maligner peripherer Nervenscheidentumor | SMARCB1 |
Kleinzelliges Ovarialkarzinom vom hyperkalzämischen Typ (SCCOHT) | SMARCA4 |
Die meisten MRT bzw. AT/RT treten bis zum dritten Lebensjahr auf, allerdings ist auch ein späteres Auftreten möglich. Weibliche Patient:innen mit SMARCA4-Mutationen haben daneben ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines kleinzelligen Ovarialkarzinoms vom hyperkalzämischen Typ, welches erst im Jugendlichen- oder Erwachsenenalter auftritt.
Nicht selten entwickeln die Betroffenen mehrere Primärtumore.
Die Prognose ist sowohl für AT/RT und MRT sowie für SCCOHT mit 5-Jahres-Überlebensraten von 10-30% bzw. etwa 33% sehr schlecht.
Besonderheiten bei der Behandlung

Die Behandlung von Patient:innen mit AT/RT sowie MRT auf dem Boden eines RTPS unterscheidet sich nicht von der Behandlung von Patient:innen mit sporadischen Rhabdoid-Tumoren.
Diagnose Rhabdoid-Tumor-Prädisposition. Wie geht es weiter?
Nach der Diagnose ist es ratsam, die Weiterbehandlung von Betroffenen durch eine Spezialistin bzw. einen Spezialisten für dieses Krebsprädispositionssyndrom durchführen zu lassen. Im folgenden Abschnitt schildern wir Ihnen, ob Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung oder andere Maßnahmen erforderlich sind und wie diese erfolgen sollten. Zudem finden Sie am Ende dieser Seite noch ein paar weiterführende Informationen wie z.B. die Links von Selbsthilfegruppen.
Diagnose Rhabdoid-Tumor-Prädisposition. Wie geht es weiter?
Nach der Diagnose ist es ratsam, die Weiterbehandlung von Betroffenen durch eine Spezialistin bzw. einen Spezialisten für dieses Krebsprädispositionssyndrom durchführen zu lassen. Im folgenden Abschnitt schildern wir Ihnen, ob Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung oder andere Maßnahmen erforderlich sind und wie diese erfolgen sollten. Zudem finden Sie am Ende dieser Seite noch ein paar weiterführende Informationen wie z.B. die Links von Selbsthilfegruppen.
Empfehlungen zur Früherkennung bei Ihren Patient:innen

Nachfolgend finden Sie die Empfehlungen der AACR Guidelines 2024.
Träger:innen einer SMARCB1-Variante
- Neurologische Untersuchung und MRT Schädel + Rückenmark ab Diagnose
- Alle 4-6 Wochen (nicht weniger als alle 2-3 Monate) von 0-6 Monaten (für ATRT), Sono Schädel alternativ, falls kein MRT verfügbar ist
- Alle 3 Monate bis 5 Jahre (für ATRT)
- Alle 2-3 Jahre ab 10 Jahren (für Schwannome)
- Klinische Untersuchung und Sono Abdomen inkl. Nieren und Hals ab Diagnose alle 3 Monate bis 4 Jahre, alle 6 Monate ab 5 Jahren
- Ganzkörper-MRT ab Diagnose alle 12 Monate bis >5 Jahre, genaues Enddatum nicht festgelegt. Falls machbar, GK-MRT alle 3 Monate statt Sono
Träger:innen einer SMARCA4-Variante
- Wie bei Träger:innen einer SMARCB1-Variante
- Zusätzlich bei Mädchen/Frauen: Sono Abdomen + Becken ab 5 Jahren alle 6 Monate (SSCOHT)
Rhabdoid-Tumor-Prädisposition – weitere Informationen
Klinische Studien / Register
- Kontakt zum Europäischen Rhabdoid Register: michael.fruehwald@klinikum-augsburg.de
- Zur Webseite des Europäischen Rhabdoid Registers (EU-RHAB)
- KPS-Register
Weitere Informationen
Leider gibt es bislang keine uns bekannten Selbsthilfegruppen für Patient:innen mit Rhabdoid-Tumor-Prädispositionssyndrom (RTPS). Sobald uns hier neue Informationen zur Verfügung stehen, werden wir diese ergänzen.