Rothmund-Thomson-Syndrom – Definition

Das Rothmund-Thomson-Syndrom (RTS, OMIN #268400) ist ein seltenes erbliches Chromosomeninstabilitätssyndrom und dadurch bedingt Krebsprädispositionssyndrom, das mit einer erhöhten Inzidenz von Osteosarkomen einhergeht. Charakteristischstes Merkmal ist ein klassisches Erythem in der Akutphase, das sich über Jahre hinweg zu einer Poikilodermie entwickelt.

Synonyme:

RTS

Gen:

Typ1 RTS -> unbekannt

Typ2 RTS -> RECQL4

Gen­produkt:

RECQL4: ATP-abhängige DNA-Helikase Q4

Funktion:

Teil der RECQ-Helikase-Enzyme, welche die DNA-Doppelhelix entwinden. RECQL4 ist involviert in den Prozess der DNA-Replikation, DNA-Reparatur, Erhalt der Telomere und Integrität mitochondrialer DNA.

Erb­gang:

autosomal-rezessiv

Prävalenz:

unbekannt (weltweit weniger als 400 bekannte Fälle)

Genotyp-Phänotyp-Korrelation:

unbekannt

Penetranz:

unbekannt

Übersicht der Kapitel auf dieser Seite:

  • Wie hoch ist das Krebsrisiko?

  • Was ist über die Entstehung bekannt?

  • Gibt es eine Therapie?

  • Medizinische Maßnahmen zur Früherkennung

  • Rothmund-Thomson-Syndrom – was Sie selber tun können
  • Links (z.B. von Selbst­hilfe­gruppen) und weitere Informationen
  • Klinische Präsentation

  • Besonderheiten bei der Behandlung

  • Empfehlungen zur Früherkennung bei Ihren Patient:innen

  • Weitere Informationen (z.B. Links von Selbsthilfegruppen)

Rothmund-Thomson-Syndrom – Diagnosestellung

Diagnostik

  • Charakteristische Klinik und molekulargenetischer Nachweis einer biallelen/homozygoten pathogenen Variante in RECQL4.
  • Methodik: Einzelgen-Testung, Multigen-Panel, Exom-/Genom-Sequenzierung

Differentialdiagnosen

  • Bloom-Syndrom
  • Werner-Syndrom (WRN)
  • Fanconi-Anämie
  • Ataxia-Teleangiectasia
  • Xeroderma pigmentosum
  • Kindler-Syndrom (FERMT1 (KIND1))
  • Dyskeratosis congenita
  • Poikilodermie mit Neutropenie (USB1)
  • POIKTMP-Syndrom (FAM111B)

Klinische Präsentation

Akute Phase

Bei Geburt unauffällige Haut. Im Alter von 3-6 Monaten beginnendes Erythem, das sich von apikal (Gesicht) nach distal (Gesäß und Extremitäten) ausbreitet, typischerweise den Stamm ausspart und mit Blasenbildung einhergeht.

Chronische Phase

Über Monate bis Jahre Entwicklung von konsekutiven Pigmentveränderungen, dermalen Atrophien, Hypertrophien und Teleangiektasien (Poikilodermie), die lebenslang persistieren.

  • Poikilodermie (Hyperpigmentation, Hypopigmentation, Atrophie, Teleangiektasien)
  • Schütteres Haar, schüttere Augenbrauen und Wimpern
  • Hyperkeratosis (v.a. Fußsohlen)
  • Nagelveränderungen (dysplastisch, wenig geformt)
  • Symmetrischer Kleinwuchs
  • Gastrointestinale Probleme (Ernährungsstörungen, chronisches Erbrechen/Diarrhoe)
  • Skelettale Defekte (Radius- und Ulna-Defekte, fehlende oder hypoplastische Patella, Osteopenie)
  • Osteoporose
  • Dentale Auffälligkeiten (rudimentäre Anlage, Hypoplasien, Schmelzdefekte)
  • Katarakt (juvenil, bilateral)
  • Knochenmarksversagen

Krebsprädisposition (nur in Typ 2 RTS), Entitäten:

  • Osteosarkom, mit einem früheren Prädilektionsalter als in der Gesamtbevölkerung
  • Basalzellkarzinome
  • Plattenepithelkarzinome
  • MDS
  • Lymphome
  • Leukämien

Genetisch verwandte Syndrome:

RAPADILINO-Syndrom: Autosomal-rezessiv vererbte Erkrankung in der finnischen Population, die mit Pigmentveränderungen (Café-au-lait-Flecken, keine Poikilodermie), Kleinwuchs, Gaumendefekte, Radiusdefekte, Patellarhypoplasie und gastrointestinalen Auffälligkeiten und einer erhöhten Inzidenz von Osteosarkomen und Lymphomen einhergeht. Ursächlich sind pathologische Varianten in RECLQ4 (vorrangig Homozygotie für IVS7+2delT [Fin-major]).

Besonderheiten bei der Behandlung

  • Vermeidung ionisierender Strahlenexposition
  • Vermeidung exzessiver Sonnenlicht-Exposition
  • Konsequente Sonnenschutzmaßnahmen (UV-A- und UV-B-Schutz)
  • Retinoide bei Hyperkeratosis erwägen
  • Calcium- und Vitamin D-Supplementation bei Osteopenie und Z.n. Fraktur
  • Gepulste Lasertherapie bei Teleangiektasien

Diagnose Rothmund-Thomson-Syndrom. Wie geht es weiter?

Nach der Diagnose ist es ratsam, die Weiterbehandlung von betroffenen Patient:innen durch eine:n Spezialist:in für dieses Krebsprädispositionssyndrom durchführen zu lassen. Im folgenden Abschnitt schildern wir Ihnen, ob Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung oder andere Maßnahmen erforderlich sind und wie diese erfolgen sollten. Zudem finden Sie am Ende dieser Seite noch ein paar weiterführende Informationen wie z.B. die Links von Selbsthilfegruppen.

Diagnose Rothmund-Thomson-Syndrom. Wie geht es weiter?

Nach der Diagnose ist es ratsam, die Weiterbehandlung von betroffenen Patient:innen durch eine:n Spezialist:in für dieses Krebsprädispositionssyndrom durchführen zu lassen. Im folgenden Abschnitt schildern wir Ihnen, ob Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung oder andere Maßnahmen erforderlich sind und wie diese erfolgen sollten. Zudem finden Sie am Ende dieser Seite noch ein paar weiterführende Informationen wie z.B. die Links von Selbsthilfegruppen.

Empfehlungen zur Früherkennung bei Ihren Patient:innen

Evidenzbasierte Standards für eine Früherkennung fehlen, insbesondere in der Kindheit. Nachfolgend finden Sie die AACR-Konsensus-Empfehlungen.

  • Hämato-Onkologie: Anamnese und körperliche Untersuchung, bei Typ2 RTS Aufklärung über Osteosarkom-Risiko, Bildgebung nach Klink (Routine-Screening nicht belegt), HPV-Impfung
  • Dermatologie: Jährliche Haut-Untersuchung, limitierte Sonnenlichtexposition und frühzeitige Intervention bei behandlungspflichtigen Befunden
  • Ophthalmologie: Jährliches Katarakt-Screening; Therapie, wenn erforderlich
  • Endokrinologie: Osteopeniebehandlung
  • Orthopädie: Röntgenologische Basisevaluation vor 5. LJ
  • Zahnmedizin: halbjährliche Kontrollen mit kompetenter Behandlung eventueller hypoplastischer Zähne und Zahnschmelzdefekte

Rothmund-Thomson-Syndrom – weitere Informationen

Offene klinische Studien / Register