Definition
Das Rubinstein-Taybi-Syndrom (RSTS1, OMIM #180849; RSTS2, OMIM#613684) ist eine genetische Erkrankung, die auf Mutationen im CREBBP– oder EP300-Gen beruht. Es ist gekennzeichnet durch eine charakteristische Fazies, breite und oft abgewinkelte Daumen und große Zehen, Kleinwuchs und intellektuelle Beeinträchtigung.
Eckdaten
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Synonym | Broad Thumbs-Hallux Syndrome |
Gene | CREBBP (RSTS1): 40%-50% der Fälle EP300 (RSTS2): 3%-8% der Fälle |
Genprodukte | CREB-bindendes Protein (CREBBP) Histon-Acetyltransferase p300 (EP300) |
Funktion | Histon-Methyltransferasen, die als Transkriptionsfaktoren agieren |
Erbgang | autosomal-dominant, aber meist de novo Mutationen |
Prävalenz | Inzidenz 1:100.000-125.000 |
Genotyp- Phänotyp- Korrelation |
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Penetranz | unbekannt |
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Diagnose
Klinische Diagnosekriterien
Die klinische Diagnose „Rubinstein-Taybi-Syndrom“ richtet sich nach folgenden Befunden:
Genetische Diagnostik
Die Diagnose „Rubinstein-Taybi Syndrom“ wird neben der klinischen Diagnose zusätzlich gesichert durch den Nachweis einer heterozygoten Keimbahnmutation des CREBBP-Gens durch Sequenz- oder Deletions-/Duplikationsanalyse. Wird hierbei keine Mutation gefunden, sollte eine Sequenz- oder Deletions-/Duplikationsanalyse des EP300-Gens angeschlossen werden.
Differentialdiagnosen
Klinische Präsentation
Kinder mit Rubinstein-Taybi-Syndrom fallen meist bei Geburt oder im Säuglingsalter aufgrund der markanten Fazies und den charakteristischen Veränderungen an Händen und Füßen auf. Im Säuglings- und frühen Kindesalter können respiratorische Schwierigkeiten, Fütterungsprobleme, mangelnde Gewichtszunahme, rezidivierende Infektionen und schwere Obstipationen auftreten.
Symptome können verschiedene Organsysteme und Bereiche betreffen:
Kraniofazial
Abfallende Lidspalten, tiefer Nasensteg, hoher Gaumen, grimassierendes Lachen
Neurologisch
Kraniospinale Auffälligkeiten sowie Veränderungen im Bereich der hinteren Schädelgrube (Chiari-Malformation, Syringomyelie, Os odontoideum und zervikale Rückenmarkskompression)
Auge
Strabismus, Refraktionsanomalien, Ptosis, Obstruktion des Ductus nasolacrimalis, Katarakt, Kolobom, Nystagmus, Glaukom, Veränderungen der Kornea und retinale Dysfunktion
Kardial
Bei etwa einem Drittel der RSTS-Patienten besteht eine angeborene Herzerkrankung.
Urogenital
Renale Veränderungen sind sehr häufig.
Bei fast allen männlichen RSTS-Patienten liegt ein Maldescensus testis vor.
Skelettal
Breite, oft abgewinkelte Daumen und Zehen, distal breite Finger
Dislozierte Patella, Hypermobilität der Gelenke, Skoliose, Morbus Perthes, Abgleiten der Epiphyse am Femurkopf und Veränderungen der Halswirbelsäule
Schlafapnoe
Obstruktive Schlafapnoe durch die Kombination von engem Gaumen, Mikrognathie, muskulärer Hypotonie, Übergewicht und leicht kollabierender Larynxwand
Haut
Kleine Keloide, Pilomatrixome
Zähne
Engstand der Zähne, Malokklusion, multipler Karies, Hypodontie, Hyperdontie, natale Zähne und Dens evaginatus (meist lingual an den bleibenden Inzisiven der Maxilla)
Tumore
Bisher wurden folgende Tumore im Rahmen eines RSTS beschrieben: Hepatoblastom, Ovarial- und Endometriumkarzinom, Meningeom, Pilomatrixom, Rhabdomyosarkom, Phäochromozytom, Neuroblastom, Medulloblastom, Oligodendrogliom, Leiomyosarkom, Seminom, Odontom, Choristom und Leukämien
Wachstum
Pränatal normales Wachstum. Im Säuglingsalter fallen die Parameter für Größe, Gewicht und Kopfumfang unter die 5. Perzentile.
Die durchschnittliche Körpergröße liegt bei Männern bei 153 cm und bei Frauen bei 147 cm.
Jungen werden oft im Kindesalter übergewichtig, Mädchen im Jugendalter.
Intellekt
Entwicklungsverzögerung im motorischen, psychozozialen und sprachlichen Bereich. Der IQ liegt zwischen 25 und 79.
Verhalten
Eine kurze Aufmerksamkeitsspanne, niedrige Toleranz hinsichtlich Lärm und Menschenansammlungen, Impulsivität und Launenhaftigkeit sind häufig beobachtet. Darüber hinaus können Aufmerksamkeitsprobleme, Hyperaktivität, selbstverletzendes, aggressives oder autistisches Verhalten auftreten.
Besonderheiten bei der Behandlung
Im Hinblick auf die Vielzahl möglicher Manifestationen sollte die Therapie stets symptomorientiert und interdisziplinär unter Beteiligung der entsprechenden Fachdisziplin erfolgen.
Empfehlungen zur Früherkennung bei Ihren Patienten
Empfehlungen zur Früherkennung
Folgende Untersuchungen sollten bei Patienten mit Rubinstein-Taybi-Syndrom im Sinne einer Früherkennung durchgeführt werden:
Bei Auffälligkeiten sollten ggf. weitere Untersuchungen und die Überweisung an Spezialisten erfolgen.
Das Bewusstsein für ein moderat erhöhtes Krebsrisiko sollte bei den Patienten geschaffen werden. Eine gezielte Krebs-Früherkennung wird nicht empfohlen.
Weitere Informationen
Offene klinische Studien / Register
Im Moment gibt es keine offenen klinischen Studien/Register für Patienten mit dem Rubinstein-Taybi-Syndrom, die wir Ihnen zur weiteren Information empfehlen.