Definition

Das CDC73-assoziierte (Hyperparathyroid-Jaw Tumor) Syndrom (HPT-JT; OMIM #145001) ist eine seltene genetische Erkrankung, die auf Mutationen im CDC73-Gen (auch HRPT-2) beruht. Sie prädisponiert für primären Hyperparathyreoidismus (PHPT) und Nebenschilddrüsenkarzinome, ossifizierende Fibrome der Maxilla und/oder Mandibula sowie Nieren- und Uterustumore.

Eckdaten

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Synonym familial primary hyperparathyroidism with multiple ossifying jaw fibromas and familial cystic parathyroid adenomatosis
Gen CDC73
Genprodukt Parafibromin
Funktion Untereinheit des PAF1-Protein-Komplexes, fungiert als Transkriptionsfaktor
Erbgang autosomal-dominant
Prävalenz unbekannt
Genotyp-
Phänotyp-
Korrelation
missense-Mutationen sind eher assoziiert mit isoliertem familiärem Hyperparathyreoidismus
daneben sind keine bekannt
Penetranz 80-90%, bei Frauen etwa 70%
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Diagnose

Klinische Diagnosekriterien

  • PHPT UND ossifizierende(s) Fibrom(e) der Maxilla und/oder Mandibula

  • PHPT UND naher Verwandter mit HPT-JT Syndrom

  • Ossifizierende(s) Fibrom(e) der Maxilla und/oder Mandibula UND ein naher Verwandter mit HPT-JT Syndrom

Diagnosesicherung

Labor

  • Serum-Kalzium korrigiert für Serum-Albumin oder ionisiertes Kalzium:
    erhöht bei PHPT; extrem erhöht bei Nebenschilddrüsenkarzinom

  • Intaktes Parathormon (iPTH):
    meist erhöht bei PHPT, kann normwertig sein; extrem erhöht bei Nebenschilddrüsenkarzinom

Bildgebung

  • Orthopantomographie und ggf. CT zur Detektion ossifizierender Fibrome des Kiefers

  • Renale Sonographie (ggf. MRT, CT) zur Detektion von Nierentumoren

  • Sonographie des Beckens (ggf. MRT, CT) zur Detektion von Uterustumoren

Genetische Dianostik

Die Diagnose „HPT-JT“ wird gesichert durch den Nachweis einer heterozygoten Mutation des CDC73-Gens mittels Sequenz- oder Deletions-/Duplikationsanalyse.

Differentialdiagnosen

  • Sporadischer, nicht genetischer PHPT

  • Multiple endokrine Neoplasie Typ 1

  • CASR-assoziierte Erkrankungen

  • Multiple endokrine Neoplasie Typ 2A

  • Sporadische Nierenzysten

  • Autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung

  • Tuberöse Sklerose Komplex

  • Von-Hippel-Lindau-Syndrom

Klinische Präsentation

Primärer Hyperparathyreoidismus

  • Hauptbefund bei HPT-JT und bei bis zu 95% der Patienten zu finden

  • Meist verursacht durch ein einzelnes gutartiges Nebenschilddrüsenadenom, ein zweites kann syn- oder metachron auftreten

  • In 10-15% der Fälle ist der PHPT durch ein Nebenschilddrüsenkarzinom verursacht

  • Auftreten meist im späten Jugendlichen- bis frühen Erwachsenenalter

Kiefertumore

  • Bei 30-40% der HPT-JT-Patienten

  • Z.T. Raumforderung mit Größenzunahmen, z.T. nur radiologisch nachweisbar

  • Können die Dentition unterbrechen und/oder die Atmung beeinträchtigen

Renale Manifestationen

  • 20% der HPT-JT-Patienten haben eine Nierenbeteiligung: meist Zysten, Hamartome oder seltener Wilms-Tumoren

  • Zystische Erkrankungen können einige kleine Zysten, aber auch bilaterale Zystennieren sein

Uterustumore

  • Finden sich bei etwa 75% der weiblichen HPT-JT-Patientinnen, Durchschnittsalter bei Diagnose beträgt 35 Jahre

  • Können benigne oder maligne sein: Endometriose, Adenofibrom, Endometriumhyperplasie, Leiomyom und Adenosarkom

Besonderheiten bei der Behandlung

Primärer Hyperparathyreoidismus

Da meist nur ein einzelnes Nebenschilddrüsenadenom als Ursache des PHPT vorliegt, wird eine minimalinvasive Vorgehensweise zur Entfernung des Nebenschilddrüsentumors präferiert. Dies beinhaltet:

  • Präoperative Bildgebung (Sonographie, Szintigraphie mit 99mTc, CT/MRT) zur Lokalisation der abnormalen Drüse

  • Intraoperative Messung von iPTH zur Kontrolle, dass die Drüse mit Überfunktion entfernt wurde

Liegt ein Nebenschilddrüsenkarzinom vor, sollte eine en bloc-Resektion inklusive des ipsilateralen Schilddrüsenlappens erfolgen.

Kiefertumore

Wenn möglich, sollte der Tumor vollständig reseziert werden. Medikamentöse Herangehensweisen bei nicht vollständig resezierbaren Tumoren sind bisher nicht bekannt. Aufgrund des Rezidivrisikos sollten die Patienten Nachsorgeuntersuchungen wahrnehmen.

Renale Manifestationen

Bei zystischen Erkrankungen muss je nach Ausmaß und Erscheinungsbild eine individuelle Therapie festgelegt werden. Spezifische Richtlinien für HPT-JT-Patienten liegen nicht vor.

Uterustumore

Bei Uterustumoren muss je nach Ausmaß und Erscheinungsbild eine individuelle Therapie festgelegt werden. Spezifische Richtlinien für HPT-JT-Patienten liegen nicht vor.

Empfehlungen zur Früherkennung bei Ihren Patienten

Empfehlungen zur Früherkennung

Bisher existieren keine einheitlichen Früherkennungsempfehlungen für Patienten mit CDC73-Mutation. Aufgrund der aktuell verfügbaren Literatur wird folgendes vorgeschlagen:

  • Labor jährlich ab 5.-10. Lebensjahr: Serum-Kalzium, iPTH und 25(OH)-Vitamin D3

  • Regelmäßige Sonographie der Nebenschilddrüsen zur Detektion des seltenen nicht-funktionalen Nebenschilddrüsenkarzinoms im Rahmen einer CDC73-Mutation

  • Orthopantomographie mindestens alle 5 Jahre, regelmäßige professionelle Zahnreinigung ab 10 Jahren

  • Sonographie der Nieren mindestens alle 5 Jahre, beginnend ab Diagnosestellung. Serum-Kreatinin sollte bei Patienten mit bekannten Zysten regelmäßig bestimmt werden.

  • Frauen im gebärfähigen Alter sollten sich regelmäßigen gynäkologischen Untersuchungen unterziehen. Eine abdominale oder vaginale Sonographie sollte bei Auffälligkeiten der Menstruation durchgeführt werden, ggf. mit folgenden weiteren bildgebenden Untersuchungen (CT oder MRT).

Weitere Informationen

Offene klinische Studien / Register

Im Moment gibt es keine offenen klinischen Studien oder Register für Patienten mit CDC73-assoziiertem (Hyperparathyroid-Jaw Tumor)-Syndrom, die wir Ihnen zur weiteren Information empfehlen.

Selbsthilfegruppen

Leider gibt es bislang keine uns bekannten Selbsthilfegruppen für Patienten mit CDC73-assoziiertem (Hyperparathyroid-Jaw Tumor) Syndrom. Sobald uns hier neue Informationen zur Verfügung stehen, werden wir diese ergänzen.