Definition
Das Li-Fraumeni Syndrom (LFS; OMIM #151623) ist ein hoch-aggressives und häufig bereits im Kindesalter zu Malignomen führendes Krebsprädispositionssyndrom, welches zu Knochen- und Weichteilsarkomen, verschiedenen Hirntumoren, prämenopausalem Brustkrebs, adrenokortikalem Karzinom (ACC), Leukämie und anderen Neoplasien prädisponiert.
Eckdaten
< Tabelle seitlich verschiebbar >
Synonym | Sarcoma Breast Leukemia and Adrenal Gland Cancer Syndrome |
Gen | TP53 (Tumor Protein 53, Tumorsuppressorgen) |
Genprodukte | p53 |
Funktion | Transkriptionsfaktor, der durch zellulären Stress (z.B. DNA-Schäden) aktiviert wird und multiple anti-Tumor-Signalwege reguliert |
Erbgang | autosomal-dominant, Neumutation (~7-25%) |
Prävalenz | ~1:5.000, in Brasilien teils deutlich häufiger |
Genotyp- Phänotyp- Korrelation |
Noch nicht vollständig geklärt. Es gibt Hinweise dafür, dass dominant negative Mutationen der DNA-Bindungsdomäne mit dem höchsten Krebsrisiko einhergehen. Für den einzelnen Patienten lassen sich noch keine Vorhersagen anhand des Genotyps treffen. Daneben gibt es auch eine Reihe modifizierender Faktoren. |
Penetranz | Nahezu 100% kumulative Tumorinzidenz bis zum 70. Lebensjahr (50% für Frauen bis 31. LJ; 50% für Männer bis 46. LJ) – 4% im 1. Lebensjahr – 22% bis zum 5. Lebensjahr – 41% bis zum 18. Lebensjahr |
< Tabelle seitlich verschiebbar >
Diagnose
Klassische Diagnosekriterien
Zunehmend wird LFS mit dem positiven Nachweis einer TP53-Keimbahnmutation gleichgestellt.
Chompret-Kriterien
Die sogenannten “Chompret“-Kriterien wurden zuletzt 2015 überarbeitet, um vier verschiedene klinische Konstellationen zu definieren, bei denen eine TP53-Mutationsanalyse angeboten werden sollte:
Weitere Verdachtsmomente
Neben den Chompret-Kriterien ergibt sich der Verdacht auf das Vorliegen eines LFS bei:
In Tumoren von Patienten mit LFS lässt sich oftmals ein charakteristisches somatisches Mutationsspektrum nachweisen. Daher sollten derartige Signaturen zu einer TP53-Keimbahnanalyse bzw. einer genetischen Beratung führen. Ein Beispiel ist das Phänomen der Chromothripsis bei LFS-assoziierten Medulloblastomen.
Differentialdiagnosen
Klinische Präsentation
Die häufigsten LFS-assoziierten Neoplasien werden als “Core Cancers“ bezeichnet, sie umfassen Weichteilsarkome, Osteosarkome, prämenopausale Mammakarzinome, Hirntumore (Choroid Plexus Tumore, Sonic-Hedgehog-Medulloblastome, Gliome) und das adrenokortikale Karzinom.
Typische Präsentation im Kindesalter
Typische Präsentation im Erwachsenenalter
Weitere häufige Tumore
Besonderheiten bei der Behandlung
Bislang sind keine detaillierten Empfehlungen für die Behandlung von Personen mit LFS und Krebserkrankungen verfügbar. Es wird nach den aktuellen Behandlungsprotokollen für die jeweilige Tumordiagnose therapiert. Dabei gibt es wenige Ausnahmen: Beispielsweise wird bei LFS assoziiertem Brustkrebs eine Mastektomie einer Lumpektomie vorgezogen, um die Risiken eines zweiten primären Brusttumors zu reduzieren und Strahlentherapie zu vermeiden.
Für Patienten mit Medulloblastom und LFS wird ein neues an LFS adjustiertes Therapiekonzept angeboten. Bitte nehmen Sie hierfür Kontakt mit der HIT-Studienzentrale auf.
Sofern unter Erhaltung eines kurativen Therapieansatzes möglich, sollte eine Strahlentherapie vermieden werden. Auch sollte, wenn vertretbar, auf alkylierende Substanzen und andere genotoxische Substanzen verzichtet werden. Der primäre Behandlungserfolg bleibt den Sekundärfolgen übergeordnet.
Empfehlungen zur Früherkennung bei Ihren Patienten
Empfehlungen zur Früherkennung für Kinder (Geburt bis 18 Jahre)
Für Patienten mit LFS, beginnend ab klinischer oder genetischer Diagnosestellung, lebenslang (Untersuchungsempfehlungen der AACR 2016)
Allgemein
ACC
ZNS-Tumor
Weichteil- und Osteosarkom
Empfehlungen zur Früherkennung für Erwachsene
Für Patienten mit LFS, beginnend ab klinischer oder genetischer Diagnosestellung, lebenslang (Untersuchungsempfehlungen der AACR 2016)
Allgemein
Brustkrebs
ZNS-Tumor (ab 18 Jahre)
Weichteil- und Osteosarkom (ab 18 Jahre)
Gastrointestinale Tumore (ab 25 Jahre)
Melanom (ab 18 Jahre)
Anmerkungen
Ganzkörper-MRT: Kopf bis Fuß, einschließlich der oberen und unteren Extremitäten
¹ Serielle Blutentnahme, die zur selben Tageszeit gewonnen und im selben Laboratorium verarbeitet wurden
² Die Wirksamkeit der biochemischen Überwachung zum Nachweis von adrenokortikalen Karzinomen wurde nicht nachgewiesen.
³ Brust-MRT/Sonographie-Abdomen und -Becken mit jährlicher Ganzkörper-MRT abwechseln (mindestens ein Scan alle 6 Monate).