Was ist die Ataxia-Teleangiectasia?

Die Ataxia-Teleangiectasia (A-T), auch bekannt als Louis-Bar-Syndrom, ist eine seltene erbliche Erkrankung, die bereits im frühen Kindesalter zu neurologischen Symptomen mit zunehmendem Verlust der Muskelkontrolle und Gleichgewichtsstörungen führt. Typische Hautveränderungen (Teleangiektasien= Erweiterungen der kleinen Hautgefäße) finden sich in der Bindehaut des Auges und bevorzugt an Licht-exponierten Hautarealen. Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Krebserkrankungen und die Infektionsneigung sind erhöht.

Wie wird die Diagnose Ataxia-Teleangiectasia gestellt?

Klinische Präsentation

Patienten mit einer Ataxia-Teleangiectasia zeigen bestimmte typische klinische Merkmale. Zu diesen gehören bei einer klassischen A-T:

  • Entwicklungsverzögerung mit Störung der Bewegungskoordination und des Gleichgewichtes, beginnend zwischen dem 1.-4. Lebensjahr

  • Gefäßerweiterungen der Bindehaut des Auges und der Licht-exponierten Hautareale

  • Fehlende Blick-Ziel-Bewegungen des Auges

  • Plötzliche unkontrollierte über- und einschießende Bewegungen, gebeugte Körperhaltung, Tremor

  • Demenz

  • Immunschwäche

  • Erhöhte Neigung zu Infektionen

Bei der nicht-klassischen A-T werden 2 Formen unterschieden: Eine Form mit Beginn im Erwachsenenalter und eine mit früh beginnenden Muskelverspannungen.

Weitere typische Befunde sind vorzeitiges Altern mit der Entwicklung von grauen Haarsträhnen und endokrine Auffälligkeiten mit der Entwicklung einer insulin-resistenten Blutzuckerkrankheit und vorzeitigem Erlöschen der Eierstockfunktion.

Diagnosesicherung

Die Diagnose wird bei Bestehen der charakteristischen klinischen Zeichen, vor allem aufgrund konjunktivaler Teleangiektasien vermutet. Laborparametrisch gibt es hinweisende Befunde (Erhöhung des Alpha-Fetoproteins (AFP) und des carzinoembryonalen Antigens (CEA) und Verminderung der Immunglobuline). Die Bestätigung erfolgt durch eine molekulargenetische Testung.

Wie hoch ist das Krebsrisiko?

Das Tumorrisiko für Patienten mit einer klassischen A-T beträgt 38% und ist vor allem für Leukämien (Akute lymphatische Leukämie, v.a. der T-Zellreihe) und Lymphome (v.a. der B-Zell-Lymphome) gesteigert.

Bei Trägern (z.B. bei den Eltern) ist das Risiko für Brust- und Eierstockkrebs, Magentumore, Hauttumore und Tumore der glatten Muskulatur und des Stützgewebes erhöht.

Wodurch entsteht die Ataxia-Teleangiectasia?

Durch die genetische Veränderung im ATM-Gen (Ataxia-Teleangiectasia mutiertes Gen) kommt es zu einer fehlerhaften DNA-Reparatur Signalkaskade, die eine genetische Instabilität, insbesondere durch ionisierende Bestrahlung, mit sich bringt.

Gibt es eine Therapie?

Die Therapie A-T assoziierter Neoplasien basiert vor allem auf einer möglichst frühzeitigen Diagnose von Krebsvorstufen. Die Behandlung erfolgt analog der entsprechenden Therapie-Empfehlung durch die Studienzentrale ggf. unter Anpassung der Therapieintensität vor dem Hintergrund einer erhöhten Therapietoxizität.

Gibt es Maßnahmen zur Früherkennung von Krebserkrankungen?

Maßnahmen zur Früherkennung

Nach der Diagnose einer Ataxia-Teleangiectasia wird eine detaillierte Basisuntersuchung empfohlen. Regelmäßige entwicklungsneurologische Untersuchungen und die Dokumentation der Infektionshäufigkeit sind empfohlen. Eine jährliche Laborkontrolle, eine jährliche Hautuntersuchung, eine jährliche Diabetestestung, jährliche orthopädische und halbjährliche zahnärztliche Untersuchungen sind ebenfalls anzustreben.

Anlageträger, wie z.B. Eltern, sollten sich an spezialisierte Zentren zur Beratung bezüglich Tumorfrüherkennungsuntersuchungen wenden (beispielsweise an Brustzentren).

Im Detail werden nachfolgende Untersuchungen empfohlen:

  • Hämato-Onkologie: jährliches Blutbild, Metabolisches Profil, inklusive Lactatdehydrogenase (LDH)

  • Immunologie: Bestimmung der Immunglobulinwerte entsprechend immunologischer Empfehlungen

  • Dermatologie: Jährliche Hautuntersuchung

  • Pulmonologie: Basis-Untersuchung bei Diagnose und Funktionstestungen entsprechend klinischem Bedarf

  • Gastroenterologie/Ernährung: Basis-Untersuchung bei Diagnose, bei klinischen Problemen auch im Verlauf

  • Endokrinologie: Jährliche Diabetes-Untersuchung

  • Neurologie: Unterstützende Medikation

  • Orthopädie: Jährliche Untersuchung (Skoliose)

  • Zahnarzt: Halbjährliche Kontrollen

Selbstfürsorge und Selbsthilfe

Worauf sollte ich besonders achten?

Eine Strahlenexposition (CT-Untersuchungen und Röntgenuntersuchungen) sind, wenn klinisch vertretbar, zu vermeiden.

Die genetische Beratung der Familie bei Neudiagnose einer A-T ist empfohlen.

Selbsthilfegruppen und weitere Informationen